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Bastelstunde bei der Nürnberger Staatsanwaltschaft

Manche wissen einfach nicht, wann sie endlich aufgeben sollen. Zu diesem ziemlich großen Personenkreis gehört neben dem selbstvernichtungsfreudigen Spätrömer Guido Westerwelle offenbar auch die Staatsanwaltschaft Nürnberg.

Wohl viele werden sich daran erinnern, daß sich nach der – von der Gutgläubigkeit der Dresdner Justiz begünstigten – ruchlosen Mordtat an Marwa El-Sherbini außer dem Mörder selbst nur für eine Person strafrechtliche Konsequenzen ergeben haben: Dr. Sabine Schiffer vom Erlanger Institut für Medienverantwortung. Sie hat nämlich vermutet, daß nicht der Täter, sondern der nothilfeleistende Ehemann des Opfers „sicherlich aus rassistischen Gründen“ angeschossen wurde. Sowas darf es nun wirklich nicht geben.

Nach einer peinlichen Niederlage vor dem Amtsgericht Erlangen, bei dem klar wurde, daß die werte Frau Staatsanwältin vom Verfahrensgegenstand keine Ahnung hatte und stattdessen auf eine merkwürdige zeitgeschichtliche Argumentation (Rufschutz für Polizisten als Konsequenz der [nicht zuletzt polizeilich durchgesetzten] NS-Gewaltherrschaft) pochte, hat sie sich nicht etwa bei der freigesprochenen Dr. Schiffer entschuldigt, wie es sich eigentlich gehört hätte. Nein, sie hat stattdessen lieber Revision eingelegt.

Die Revisionsbegründung wollen wir uns jetzt mal näher ankucken.

Zunächst einmal heißt es, das Amtsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, daß es sich beim angegriffenen 4-Wort-Halbsatz um eine Meinungsäußerung handele. In diesem Zusammenhang habe das Amtsgericht „nur das Wort ‚sicherlich’“ (auf das die Staatsanwaltschaft erstinstanzlich selbst abgestellt hat!) betrachtet.

Wie man mit Füllwörtern bastelt


In erster Instanz hat die Staatsanwaltschaft bekanntlich andere Bedeutungen des Wörtchens „sicherlich“ als die von ihr aus offensichtlichen Gründen bevorzugte verstärkende Variante ignoriert. In der Revisionsbegründung räumt die StA immerhin ein: „Dem Amtsgericht Erlangen ist insoweit recht zu geben, als das Wort „sicherlich“ für sich genommen nicht nur verstärkend, sondern auch abschwächend verwendet werden kann.“ In diesem Fall sei es jedoch „zur Verstärkung“ eingesetzt worden, und zwar deshalb, weil in syntaktisch ganz anderen Satzteilen „die sogenannten Füllwörter „ja“ und „auch noch“ verwendet wurden“ und dem mehrteiligen Satz die Wörter „Und zwar ist Folgendes passiert“ vorangegangen seien.

Bevor wir mit der Sektion beginnen, wäre es sinnvoll, die ganze Äußerung zu betrachten:

„Und zwar ist Folgendes passiert: Der Vertreter der Muslime und der Vertreter der Juden, die sind zusammen nach Dresden gefahren, und haben den Mann, den überlebenden Mann, der ja versucht hat, seine Frau zu retten und sicherlich aus rassistischen Gründen von einem Polizisten auch noch angeschossen wurde…“ (Hervorhebung der StA)

Für die Staatsanwaltschaft macht es allem Anschein nach keinen Unterschied, wo diese Verstärkungsfüllwörter überhaupt untergebracht werden.

(1)    Und zwar ist Folgendes passiert:
(2)    Der Vertreter der Muslime und der Vertreter der Juden, die sind zusammen nach Dresden gefahren
(3)    und haben den Mann

a.    den überlebenden Mann

b.    der ja versucht hat, seine Frau zu retten

c.    und

i.    sicherlich aus rassistischen Gründen

d.    von einem Polizisten auch noch angeschossen wurde.“


Subjekt dieser Äußerung sind die Vertreter der jüdischen und muslimischen Glaubensgemeinschaften. Objekt ist „der überlebende Mann", dem die beiden einen Besuch abgestattet haben. Dieser hat „ja versucht“, seine Frau zu retten, und wurde „auch noch angeschossen“. Das einzige eindeutige Verstärkungsfüllwort – „ja“ – bezieht sich offensichtlich auf das Verb „versuchen“, also auf die völlig unbestrittene Tatsache, daß er „ja versucht hat, seine Frau zu retten“.

Bei „auch noch“ wird’s noch problematischer. Die Staatsanwaltschaft Nürnberg, die ja erstinstanzlich die andere naheliegende Deutungsmöglichkeit des Wörtchens „sicherlich“ (d.h. als Vermutungskennzeichen) gar nicht erst erwähnt hat, versucht jetzt auch noch, uns eine nicht gerade naheliegende Deutung von „auch noch“ unterzujubeln. Es ist ja ziemlich eindeutig, daß „auch noch“ in dieser Äußerung kein bloßes Verstärkungspartikel ist, sondern etwa „zu allem Überfluß“ bedeuten soll. Z.B.: Der Mann leidet ja unter dem Verlust seiner Frau, und, als ob das nicht genug wäre, ist er zu allem Überfluß angeschossen worden. Und worauf bezieht sich dieses „auch noch“? Auf die völlig unbestrittene Tatsache, daß der Mann angeschossen wurde.

Der Polizist kommt erst in einem Neben-Nebensatz vor, dessen Subjekt der überlebende Mann ist. Im Gegensatz zum Ja und Auchnoch, die sich auf unstrittige Tatsachen beziehen, bezieht sich das Sicherlich auf etwas, was offensichtlich (wenn überhaupt!) nur ein Mensch auf der Welt mit Sicherheit wissen kann, und zwar auf die bewußten bzw. unbewußten geistigen Voraussetzungen, unter denen er sich in einer uneindeutigen Situation spontan für ein Schußziel entschieden hat.

Sicherlich weiß der „unbefangene Durchschnittsempfänger“, daß kein Mensch (egal, wieviele Staatsexamina er bestanden haben mag) in der Lage ist, Gedanken zu lesen. Im Gegensatz zu manchen Staatsanwälten ist ihm die Fähigkeit zuzutrauen, zwischen Tatsachen und Deutungen zu unterscheiden. Wer wann angeschossen wurde, ist – zumindest rein theoretisch – eindeutig feststellbar. Wer wen wann besucht hat, ebenfalls. Um aber glauben zu können, eine Medienwissenschaftlerin, die offenkundig nicht einmal dabei war, würde bei einer außer durch allgemeine Bemerkungen über das islamfeindliche Klima der Gesamtgesellschaft nicht weiter vertieften nebennebensätzlichen Äußerung über die Gründe eines Fehlschusses eine Tatsache feststellen, auf die er sich ohne weiteres verlassen könne, müßte dieser Durchschnittsempfänger schon so bescheuert sein, daß er den Satz gar nicht erst begreifen könnte.

Die Staatsanwaltschaft Nürnberg kann nur hoffen, daß ihre Ausführungen in der Revisionsinstanz einem solchen Unterdurchschnittsempfänger begegnen.

Die Staatsanwaltschaft, die Medienwissenschaftlerin und der kleine Hopser

 

„Aus Sicht eines objektiven Empfängers, der das Interview der Angeklagten vom 15.07.2009 unbefangen hört oder liest, ist die Äußerung der Angeklagten betreffend die Schussabgabe dahingehend auszulegen, dass die Tatsache behauptet wird, dass der Polizeibeamte aus rassistischen Gründen auf den Ehemann der Getöteten geschossen hat.

Damit hat die Angeklagte dem Polizeibeamten ein – milde ausgedrückt – unehrenhaftes Motiv bei der Schussabgabe unterstellt.

Die von der Angeklagten behauptete Tatsache ist darüber hinaus geeignet, den Polizeibeamten in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen oder diesen verächtlich zu machen. Die Angeklagte stellt die Behauptung auf, dass das Motiv für die Schussabgabe rassistisch gewesen ist.“


In seinem Aufsatz Von den Kränzen, der Abtreibung und dem Sakrament der Ehe, schreibt Kurt Tucholsky: „Die Kirche beweist alles, was sie anordnet, mit der schärfsten Logik, es stimmt scheinbar alles, Schritt für Schritt, Stufe für Stufe – und wenn sie am Ende der Kette angekommen ist, dann macht sie einen kleinen Hopser, der Denker beginnt zu fliegen und entschwindet den erstaunten Augen im Himmelblau.“

Schauen Sie sich die oben zitierte Passage aus der Revisionsbegründung noch einmal in Ruhe an. Haben Sie ihn schon gefunden, den kleinen Hopser? „Die Tatsache (wird behauptet), dass der Polizeibeamte aus rassistischen Gründen auf den Ehemann der Getöteten geschossen hat…Die Angeklagte stellt die Behauptung auf, dass das Motiv für die Schussabgabe rassistisch gewesen ist.“ (Hervorhebungen von mir)

In der angegriffenen Äußerung von Dr. Schiffer ist aber von Motiven keine Rede, sondern von „Gründen“. Sie hat nicht gesagt, daß der Beamte aus rassistischen Motiven den Ehemann des Mordopfers angeschossen hätte, sondern daß der Gatte „sicherlich aus rassistischen Gründen" angeschossen wurde.

Sollten sich an dieser Stelle manche denken, das sei doch nur juristische Haarspalterei (anders natürlich als die faszinierenden Ausführungen der Staatsanwältin zu den Füllwörtern), ist anzumerken, daß es zwischen Gründen und Motiven einen gewaltigen Unterschied gibt. Gründe können persönlich sein – und wenn Dr. Schiffer gesagt hätte, „Der Polizist hat den Ehemann des Opfers aus rassistischen Gründen angeschossen“ wäre diese Deutung sogar naheliegend – müssen es aber nicht. Gründe können vollkommen losgelöst von Menschen und ihren bewußten Gedankengängen existieren. Gründe können in der Luft schweben.

Motive liegen immer in der Person.

Zum Beispiel: Grund einer Erschießung können u.a. die physikalisch-chemischen Eigenschaften des Projektils und der Zündmechanismus sein. Die sind für das Tötungsgeschehen ursächlich – ohne sie hätte sich der Schuß selbst beim besten bzw. schlimmsten Willen gar nicht erst lösen können. Motiv ist jedoch der präzise, persönliche Grund, weshalb eine bestimmte Person diesen ganz konkreten Tötungsvorsatz gefaßt hat. Gründe kann auch eine versehentliche Handlung haben. Motive haben nur vorsätzliche Taten.

Mit diesem kleinen Hopser will uns die Staatsanwaltschaft eine grobe Entstellung der verfahrensgegenständlichen Äußerung unterschummeln. Der im Passiv gefaßte Halbsatz über die möglichen Gründe des Fehlschusses mutiert zu einer im Aktiv gefaßten Behauptung, die dem Polizisten vorsätzliches, rassistisch motiviertes Tun vorwirft.

Nur so kann die StA Nürnberg anschließend behaupten:

„Darüber hinaus liegt in dieser Behauptung der Vorwurf eines erheblich schuldhaften Verhaltens, eine gravierende Verletzung seiner Dienstpflichten als Polizeibeamter und damit auch eine erhebliche Herabwürdigung als Polizeibeamter und als Mensch, da auch die persönliche Integrität des Beamten in Frage gestellt wird.“


Das ist eine Ungehörigkeit, die eines ehrengerichtlichen Verfahrens würdig ist. Entweder weiß die Staatsanwältin wirklich nicht, daß es diese angebliche Behauptung so nie gegeben hat – dann sind die bayerischen Staatsexamina eindeutig zu leicht – oder aber, sie weiß ganz genau, daß die wirkliche Äußerung von Dr. Schiffer ganz anders aussieht, und hat deshalb vorsätzlich Passiv/Gründe gegen Aktiv/Motive ausgetauscht, um eine unhaltbare Behauptung glaubwürdiger erscheinen zu lassen (wie ihr Amtshandeln in dem Fall zu beurteilen wäre, sei den Lesern überlassen).

Dieser Hopser ist aber nichts gegen den Weitsprung, der jetzt kommt:

„Insbesondere vor dem geschichtlichen Hintergrund bedeutet diese Behauptung eine Herabsetzung des eingreifenden Polizeibeamten auf die unterste sittlichste (sic) Stufe. Es ist für den Beamten in hohem Maße herabwürdigend, bezüglich seines Motivs (!) für die Schussabgabe in Verbindung gesetzt zu werden mit den Zielen bzw. Beweggründen, welche im Nationalsozialismus (!) vorherrschend waren bzw. hinsichtlich der Beweggründe für die Schussabgabe diesen gleichgestellt (!) zu werden. Eine schlimmere Herabwürdigung ist kaum denkbar…“


Stopp! Wo soll man hier überhaupt anfangen?

Nach Auffassung der StA Nürnberg ist es also besonders verwerflich, nach dem Bestehen rassistischer Einstellungen und Denkmuster in der aktuellen Gesellschaft zu fragen, weil diese „im Nationalsozialismus vorherrschend waren“. Ja, das war eine schreckliche Zeit, besonders für die Polizei. Wir erinnern uns alle lebhaft daran, wie im sog. Dritten Reich die Polizei immer wieder als Rassistenpack verfolgt wurde und bei jeder Gelegenheit als Sündenbock hinhalten mußte. Ein schlimmeres Los als die des Polizeibeamten im Nationalsozialismus ist sicherlich kaum vorstellbar. Daher auch die Parole: Nie wieder Polizeikritik!

Hat Sabine Schiffer irgendwas vom Nationalsozialismus gesagt? Hat sie auch nur nebenbei bemerkt, „Das ist ja genau so wie damals!“ Wenn nicht, was soll denn diese Behauptung, daß sie den Polizisten "hinsichtlich der Beweggründe für die Schussabgabe (den im Nationalsozialismus vorherrschenden Zielen und Beweggründen) gleichgestellt" habe? „Rassistisch (ist) gleichbedeutend mit ausländerfeindlich und fremdenfeindlich“, und jetzt soll das alles gleichbedeutend mit Hitler sein.

Das Denkschema sieht allem Anschein nach so aus:

(1) Schiffer hat gesagt, der Ehemann sei sicherlich aus rassistischen Gründen angeschossen worden. (2) Das heißt, daß der Polizist bestimmt aus rassistischen Motiven geschossen hätte. (3) Das heißt wiederum, daß er nicht nur Polizist, Polizeibeamter und Ordnungsbeamter, sondern auch noch „ausländerfeindlich und fremdenfeindlich“ sei, (4) und das waren die Nazis bekanntlich auch. Schlußfolgerung: Die Schiffer hat diesen armen Polizisten als Nazi beschimpft!


Darauf, ob Schiffer die Unwahrheit gesagt hat, wird hier überhaupt kein Wert gelegt. Dieser Frage wird ein einziger Satz gewidmet: „Dass die Behauptung, die die Angeklagte in ihrem Interview aufgestellt hat, nicht zu treffend (sic!) ist, folgt aus den Einstellungsgründen der Einstellungsverfügung im Ermittlungsverfahren gegen den Polizeibeamten.“ Erstens ist anzumerken, daß es inzwischen um eine Behauptung geht, die von Dr. Schiffer so nie aufgestellt wurde. Zweitens ist die Staatsanwaltschaft, die sich deshalb als „objektivste Behörde der Welt“ bezeichnet, nach § 160 II StPO verpflichtet, auch „die zur Entlastung dienenden Umstände zu ermitteln“.

Entlastend wäre hier auch die realitätsnähere Deutung vorzutragen, daß es um bewußtes, vorsätzliches, rassistisch motiviertes Tun gar nicht ging, sondern um die unbewußten psychischen Einflüsse medialer Sachverhaltsdarstellungen, insbesondere der tagtäglichen Hetze gegen Muslime in den Massenmedien (Schiffers Forschungsschwerpunkt). Wurde im Ermittlungsverfahren gegen den Polizisten auch danach gefragt? Wenn nicht, ist die Einstellungsverfügung irrelevant. Für die Staatsanwältin ist diese Einstellungsverfügung eine Heilige Schrift – sie darf weder in Frage gestellt werden, noch darf man ihr widersprechen. Quod non est in acta…

Gerade wenn man meint, unverschämter geht’s nicht mehr, kommt die StA mit folgender Behauptung daher:

„Die Angeklagte, als Leiterin des Instituts für Medienverantwortung, ist es gewohnt, mit Worten umzugehen und war sich der Bedeutung und Tragweite ihrer Äußerung bewußt.“


Diese Angehörige der „objektivsten Behörde der Welt“ ist es sicherlich gewohnt, mit Worten umzugehen (wenngleich ihr das mit der Rechtschreibung noch nicht so recht gelingen will), und kann wohl kaum behaupten, sie sei sich nicht über den gewaltigen Unterschied zwischen der tatsächlichen Äußerung der Dr. Schiffer und der in der Revisionsbegründung zurechtgebastelten Version bewußt gewesen. Für manche ist Ironie nicht nur im lexikalischen Sinne ein Fremdwort.

Für den Fall, daß das Hohe Gericht von dem, was sie bisher zum besten gegeben hat nicht gerade beeindruckt ist, greift die StA Nürnberg auf die Behauptung zurück, Schiffers Vermutung stelle eine Formalbeleidigung dar, d.h.

„die deutlich über eine angemessene Interessenwahrnehmung hinausgehende und für diese nicht erforderliche Herabsetzung, die sich aus der Form oder den Umständen ergibt.“


Das wahrgenommene Interesse besteht darin – dies sei hinzugefügt, denn in der Revisionsbegründung wird das mit keinem Wort erwähnt – die genauen Ursachen und Bedingungen des Polizistenfehlschusses, durch den immerhin ein eindeutig als Araber erkennbarer, völlig unschuldiger Mensch schwer verletzt wurde, aufzuklären. Dabei drängt sich – für die meisten unbefangenen Betrachter – die Frage auf, ob sich die tagtägliche Hetze über die terroristischen Moslems und die „stille Islamisierung“ und dgl. womöglich unbewußt auf die Deutung eines nicht ganz eindeutigen Sachverhalts in einer Streßsituation dahingehend ausgewirkt haben könnte, daß von einer Täterschaft des um das Messer ringenden arabischen Ehemanns ausgegangen wurde.

Dieser Frage ist Dr. Schiffer so schonend nachgegangen wie nur möglich. Sie hat den Polizisten nicht als Rassist bezeichnet und hat vom Gebrauch der in so einer Fallkonstellation naheliegenden Schimpfnamen („Rassistensau“, „Nazischwein“ oder dgl. – das wären Formalbeleidigungen gewesen) nachweislich Abstand genommen. Sie hat die so gekennzeichnete und sowieso eindeutig erkennbare Vermutung aufgestellt, der Fehlschuss könne „rassistische Gründe“ haben.

Wenn das schon eine Formalbeleidigung ist, dann macht sich jeder Rassismusforscher strafbar. Wie soll man den Rassismus schon erforschen, wenn man keinen finden darf?

Münklers Erfolgsrezept für die neue Ostfront

Herfried Münkler von der HU-Berlin hat im SPIEGEL – diesem sich ständig unterbietenden Glanzbeispiel der deutschen Quantitätspresse – endlich das geliefert, worauf ein ganz bestimmter Jahrgang der deutschen Generalität vergeblich wartete: Eine praktische Anleitung, wie man an der Ostfront siegen kann. Eine etwas weiter östliche Ostfront, aber Ostfront bleibt Ostfront, und es ist ja nie zu spät, Versäumtes nachzuholen.

Der tückische David heißt der Text, und darin wird ausführlich skizziert, wie man als fremde Besatzungsmacht dem einheimischen Widerstand den Garaus machen kann – wenn das der Führer gewußt hätte!

Aggressor zu sein, konstatiert Münkler, der diesen häßlichen Ausdruck tunlichst meidet und lieber von „Goliath“ redet, ist kein beneidenswertes Los. Man steht als schwer bewaffneter Migrant von irgendwelchen fremden Leuten umgeben, deren Sprache man nicht versteht, und die einen am allerliebsten gleich wieder loswerden möchten (das gebührliche Mitleid bringen diese tückischen Davids natürlich nie und nimmer auf). Schlimmer als der deutsche Soldat an der neuen Ostfront hat es kein abgeschobener Sinti.

„Eigentlich hatte Goliath schon verloren, bevor der Kampf begann, weil er eben Goliath war.

Immerhin hätte er präventiv handeln können: Argwöhnisch geworden, weil der Knabe zunächst im Bach nach Steinen suchte, hätte er antizipieren können, dass ihn ein Kiesel aus seiner Schleuder treffen und kampfunfähig machen könnte. Er hätte also, um dem zuvorzukommen, seinen Speer auf den Jugendlichen schleudern und ihn töten können. Doch dann hätte es geheißen, der Krieger Goliath habe ein unschuldiges Kind beim Spielen am Bach getötet. Das hätte nicht bloß sein Hässlichkeits-Image verstärkt, sondern ihn auch Ehre und Ansehen gekostet. Womöglich hätten sich sogar seien Kriegskameraden von ihm abgewandt(!!). Nicht als strahlender Sieger, sondern mit dem Odium des Kriegsverbrechens belastet, wäre er nach Hause zurückgekehrt.“


Hierbei ist vorsichtshalber anzumerken, daß das nicht satirisch gemeint ist. Der Münkler meint es wirklich ernst. Daß der Goliath das mit dem rechtswidrigen Überfall vielleicht besser gelassen hätte, fällt ihm natürlich nicht ein. Und Kriegsverbrecher zu sein, ist für ihn nur ein Image-Problem – das sind die erhabenen Werte des Abendlandes, die wir diesen primitiven Afghanern jetzt mühsam beibringen!  

Ja, selbst dann, wenn man den Widerstand besiegt, schreibt Münkler mit rührendem Selbstmitleid, hat man ein (aus der Geschichte wohl bekanntes) „Legitimationsproblem“. Für die Bevölkerung ist man ja immer noch die fremde Besatzungsmacht, die ihre Landsleute umgebracht hat, und die Überlebenden der Gewalt käuflicher Massenmörder unterworfen hat, und zwar selbst dann, wenn man sich „Wohlwollen erkaufen“ will, indem man seinen Verpflichtungen nach dem 4. Genfer Abkommen durch die Errichtung einiger Schulen und Polykliniken teilweise nachkommt. Der Undank dieser wilden Ostvölker kennt wahrlich keine Grenzen.

Dafür hat Münkler jetzt die Lösung:

„Materielle Hilfe für die afghanische Bevölkerung muss konditioniert sein, verknüpft mit eindeutigen Loyalitätsbeweisen (sprich: Beweisen der Kollaborationsbereitschaft). Im Idealfall konkurrieren dann in einem Distrik die Dörfer, die sich dem Westen angeschlossen haben, mit denen, in denen die Gegner des Westens das Sagen haben."


Mit anderen Worten: Wir scheißen auf die Genfer Abkommen! Ärztliche und sonstige Grundversorgung kriegen nur die Käuflichen. Wer kollaboriert und denunziert, dem soll es einigermaßen gutgehn. Wer aber die Besatzung ablehnt, soll verrecken. „Es muss sichtbar werden, dass sich die Entscheidung für den Westen lohnt und die gegen ihn einen hohen Preis hat. Kopf und Seele kann man nur gewinnen, wenn der Leib etwas zu verlieren hat.“ Wenn man einen an den Eiern packt, folgen Kopf und Seele gleich danach, wie es der Stalin mal so schön auf den Punkt gebracht hat.

Münkler hat recht: Man muß aus den Fehlern der Vergangenheit lernen. Hätte sich damals die Kollaboration mehr gelohnt, wäre die letzte deutsche Goliathkampagne vielleicht anders ausgegangen.

Käuflichkeit muß sich wieder lohnen! Nur so kann Münklers demokratischer Verfassungsstaat verhindern, daß sich die Geschichte wiederholt.

Neues vom Stammtischbroder

In seinem neuerlichen Beitrag im Online-Cerebrolytikum Achse des Guten („Israels kleine Helfer“) hat der von der NPD gefeierte Publizist Henryk M. Broder in einer Sache definitiv recht: Die Neue Rheinische Zeitung taugt nicht zum Einwickeln toter Fische. Da kann man ihm uneingeschränkt zustimmen. Die Achse des Guten eignet sich auch nicht zum Regenschutz. Continue reading →

Der Fall Sabine Schiffer – Wiedersehen mit dem Minenfeld

In der strafrechtlichen Praxis kann die Bedeutung des Ehrenschutzes mit dem Gewicht seiner theoretischen Ableitungen schwerlich mithalten: Die Anzeigebereitschaft ist gering, die Mehrzahl der Anzeigeerstatter wird ohne größeres Federlesen auf den Privatklageweg verwiesen und erleidet dort nach Zahlung von Sicherheitsleistung (§ 379 StPO), Gebührenvorschuß (§ 379a StPO), Kostenvorschuß für das Sühneverfahren (§ 380 StPO) und des zur Erhebung einer formgerechten Klage idR erforderlichen RA-Honorars regelmäßig Schiffbruch (§ 383 II StPO), in hartnäckigen Fällen eine Sonderbehandlung zur Abwehr des Querulantentums. Eine geringe Anzahl erlangt Genugtuung in Form von Beschlüssen nach § 153, 153a StPO. Für das Legalitätsprinzip und das gesetzliche Normalverfahren bleibt ein kleiner Kern von Taten übrig, unter deren Opfern Amtsträger und öffentlich wirkende Personen überräpresentiert sind.
-Tröndle/Fischer, StGB, 52. Aufl., Vor § 185, Rn 68, Hervorhebung von mir

Der Fall Schiffer


Das Mühlenkombinat „Deutsche Justiz“ mahlt bekanntlich langsam, aber sicher. Wenn Mehlbedarf angezeigt wird, kann es durchaus etwas dauern, bis die Bestellung bearbeitet wird, aber wenn Mehl bestellt wird, wird auch geliefert.

Geliefert wird allerdings nicht selten Hackfleisch.

Aber gemahlen ist gemahlen, und wir sollten uns freuen, daß wir überhaupt mit irgendwas beliefert werden.

Das sieht ungefähr so aus
:

Eine ägyptische Apothekerin holt einen Mann vor Gericht, der sie belästigt hat. Dieser üble Zeitgenosse trägt dem Hohen Gericht vor, daß er Muslime haßt und diese „Monster“ am liebsten allesamt gleich rausgeschmissen wüßte. Vor dem Betreten des Gerichtssaals wird er trotzdem nicht auf Waffen kontrolliert. Das Heiligtum des mitgebrachten Rucksacks wird auch nicht verletzt. Niemand kommt auf den Gedanken, daß es vielleicht doch nicht schlecht wäre, Vorkehrungen für den Fall zu treffen, daß der Angeklagte es mit seinen Drohungen ernst meint, mit der Ausnahme des Angeklagten selbst, der für diesen Fall extra ein Messer mitgebracht hat.

Das er vor Gericht auch ordnungsgemäß zum Einsatz bringt. Da es keine Beamten im Saal gibt, die für die Abwehr derartiger Gefahren zuständig wären, muß der Ehemann der Apothekerin selbst versuchen, sie vor dem Mann zu verteidigen, der sie abstechen will. Der erst nach Angriffsbeginn in den Gerichtssaal bestellte Polizist macht zur Klärung des Sachverhalts sofort von seiner Schußwaffe Gebrauch, und zielt dabei auf den Gatten. Indes stirbt die Apothekerin.

Nach diesem Vorfall drängten sich unbequeme Fragen u.a. über das dem Sicherheitsdenken der Dresdner Justiz offenbar zugrundeliegende „Laissez-Faire-Prinzip“ auf. Hinzu kam eine Erlanger Medienwissenschaftlerin und Rassismusforscherin, Dr. Sabine Schiffer, die vermutete, die in einer Krisensituation spontan getroffene Entscheidung des eingreifenden Beamten, auf den Ehemann zu zielen statt auf den Täter, könne womöglich etwas mit dem rassistischen Subtext einer Gesellschaft zu tun haben, in der Muslime ständig verteufelt und entmenschlicht werden. Ihre Bemerkungen ernteten Morddrohungen aus den üblichen Kreisen, die sie auch ordnungsgemäß anzeigte.

Das Mühlenkombinat „Deutsche Justiz“ hat auf die Bemerkungen von Dr. Schiffer gehört und sofort ein Strafverfahren – die ultima ratio der repressiven Staatsmacht –   eingeleitet.

Gegen sie.

Mit dem Strafbefehl des Amtsgerichts Erlangen (Az. Cs 404 Js 45405/09) wird Dr. Schiffer zur Last gelegt, gegen den Gummiparagraphen § 186 StGB („Üble Nachrede“) verstoßen zu haben. Angedroht wird eine Geldstrafe in Höhe von 6000,00 EUR bzw. zwei Monate Gefängnis.

Grundlage des Strafbefehls ist ein Interview von Dr. Schiffer mit dem iranischen Nachrichtensender IRIB, in dem es in einem Nebensatz hieß, daß der Polizist „sicherlich aus rassistischen Gründen“ nicht den Irren mit dem 30 cm langen Messer, sondern den zur Hilfe geeilten Ehemann des Opfers anschoss.

Hierbei handele es sich, so der Strafbefehl, um eine „unwahre Behauptung“, die „geeignet ist [den Polizisten] verächtlich zu machen und in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen“.

Die Unwahrheit der Vermutung der Dr. Schiffer stehe fest, da der Polizist behaupte, nicht aus rassistischen Gründen gehandelt zu haben und die Staatsanwaltschaft Dresden ihm dies abnehme.

QED.

„Diese Einlassung des Polizeibeamten kann nicht widerlegt werden“, verkündet der Strafbefehl. Stimmt. Nachgewiesen werden kann sie natürlich auch nicht.

Somit liegt dieser Verwaltungsmaßnahme der politischen Strafjustiz die gängige Auffassung zugrunde, man dürfe jeden bestrafen, der einem anderen verwerfliche Beweggründe unterstelle, wenn dieser die Unterstellung abstreite. „Unwahr“ heißt – wie im deutschen Äußerungsrecht so oft –  „strittig“.

Den Vier-Wörter-Nebensatz, für den Dr. Schiffer ins Gefängnis soll, hat sie in einer anschließend herausgegebenen Presseerklärung klargestellt:

Bei der von mir geäußerten Vermutung, dass der Polizist aus rassistischen Gründen auf den Ehemann des Opfers und nicht auf den wahren Angreifer gezielt haben könnte, handelt es sich um einen Erklärungsversuch, der auf den unbewussten Folgewirkungen medialer Sachverhaltsdarstellungen basiert. Wenn arabisch-stämmige Mitbürger in den Medien undifferenziert immer wieder als potenzielle Gewalttäter, Terroristen oder "Ehrenmörder" dargestellt werden, kann diese Form der Mediendarstellung auch das Unterbewusstsein der Medienkonsumenten und deren tatsächliches Handeln in Stresssituationen beeinflussen.

Es ist heute unbestritten, dass es über Jahre hinweg eine mediale Berieselung sowohl in der Berichterstattung als auch im Unterhaltungsbereich in Bezug auf Muslime und arabisch-stämmige Menschen gab. Deshalb kann man auch davon ausgehen, dass diese kollektiv verankerten Bilder in einer Situation, in der man nicht in Ruhe überlegen und einen Sachverhalt objektiv prüfen kann, eben zu einer spontanen Fehlentscheidung über mögliche Täter und Opfer führen kann. Es war daher nie meine Absicht, dem Polizeibeamten eine von Grund auf rassistische Einstellung oder gar vorsätzliches Handeln zu nterstellen. Ich wollte lediglich auf die Folgewirkungen medialer Darstellungen hinweisen und die gesamtgesellschaftliche Aufgabe anmahnen, über derlei rassistische Fehlinterpretationen und deren Begünstigung sowohl durch Mediendarstellungen als auch durch politische Diskurse aufzuklären. Dieser Aufgabe sollten wir uns entschlossen stellen. Sie geht uns alle an.

D.h., bei ihrer Vermutung ging es – wie es jedem längst hätte klar sein müssen, der nicht unbedingt etwas anderes hineinlesen will – nicht darum, diesen einzelnen Polizisten als bewußt handelnden Muslimhasser abzustempeln, sondern darum, daß er, wie jeder andere in der Gesellschaft, mit entmenschlichenden und verteufelnden Darstellungen von Muslimen nur so bombardiert wird, was sich ja nachweislich unbewußt auf mentale Sachverhaltsdeutungen und spontane Handlungen auswirken kann.

Diese Klarstellung des bereits Eindeutigen war der Staatsanwaltschaft Erlangen übrigens bei Abfassung des Strafbefehls längst bekannt. Die Presseerklärung wird sogar unter der Rubrik „Sonstige Beweismittel“ aufgeführt.

Selbstverständlich kann auch diese Einlassung der Dr. Schiffer nicht widerlegt werden. Im Strafbefehl selbst sind keine Ausführungen zur Bedeutung dieses Beweismittels zu finden. Überhaupt ist im Strafbefehl kein Indiz dafür ersichtlich, daß die Staatsanwaltschaft ihrer Pflicht zur Ermittlung „auch der zur Entlastung dienenden Umstände“ nach § 160 II StPO nachgekommen ist, es sei denn, die StA meint, durch die Aufführung der Presseerklärung als „sonstiges Beweismittel“ ohne inhaltliche Auseinandersetzung dieser Pflicht bereits in vollem Maße genügt zu haben.

Wiedersehen mit dem Minenfeld

Es wäre ein verhängnisvoller Fehler, sich von Berichten über Einzelfallunrecht zu dem Glauben verleiten zu lassen, daß es sich bei Fällen wie der Fall von Dr. Sabine Schiffer um Ausnahmen von der Regel „Meinungsfreiheit“ handele, daß in solchen Fällen das freiheitlich-demokratische Strafrecht zu politischen Zwecken mißbraucht werde. Ebenso falsch und gefährlich wäre es, sich aufgrund eines etwaigen Freispruchs in diesem oder in anderen Fällen vorzumachen, daß die Gefahrenspitze gekappt und die Meinungsfreiheit „wiederhergestellt“ worden sei.

Unter „Mißbrauch“ versteht man den zweckfremden Einsatz eines sonst akzeptablen Mittels. Die Angriffe auf kritische Stimmen durch die Justiz sind aber gar nicht zweckfremd, sondern fest im deutschen Recht verankert. Wozu dient denn sonst der Einsatz der ultima ratio der repressiven Staatsgewalt gegen Tatbestände wie „üble Nachrede“, „Beleidigung“, „Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener“, „Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole“? Wozu dient denn sonst eine „Rechtsprechung“, in der das Wort „unwahr“ ohne ernstzunehmende Beweisführung einfach so hingekritzelt werden darf, wenn eine Äußerung mit dem ästhetischen Empfinden von Richtern und Staatsanwälten unvereinbar ist? Wozu dient sonst ein „Persönlichkeitsrecht“, das der Selbstbeweihräucherung der Mächtigen Verfassungsrang gewährt und die Meinungs-, Presse- und Kunstfreiheit nicht als Kern der menschlichen Persönlichkeit und der Menschenwürde, sondern als zweitrangige Faktoren betrachtet?

Solange diese Gummiparagraphen und die dazu passende Elastedoktrin nicht abgeschafft werden, kann von Meinungsfreiheit keine Rede sein, sondern allenfalls von Meinungsprivileg. Solange dem Staat die Macht eingeräumt wird, Äußerungen aufgrund ihres politischen-ideologischen Inhalts unter Strafe zu stellen, wird es immer wieder Fälle wie den der Dr. Schiffer geben.

Wie ich es schon einmal geschrieben habe:

Mir ist an Vorschlägen für „sachgerechtere“ Überprüfungsmaßstäben nichts gelegen. Solche Maßstäbe gibt es gar nicht; jeder auch so neutral und objektiv klingende Maßstab läuft letzten Endes auf das ästhetische Empfinden von Polizei, Staatsanwaltschaft und Richterschaft, und damit auf völlige Waffenungleichheit hinaus. Die einen haben die Staatsgewalt, die andern nur das Wort.

Jede Ausprägung eines solchen Systems – mit den Lippenbekenntnissen zur Meinungsfreiheit und dem Heraufbeschwören „höherer Werte“ – ist zu bekämpfen. Da hilft eine Feinabstimmung – damit nur die „Richtigen“ eingelocht oder mit vernichtenden Geldstrafen um ihre Existenz gebracht werden, überhaupt nicht weiter, denn es gibt keine „Richtigen“. Das ist Landschaftsplege im Minenfeld. Gefragt sind aber Minenräumfahrzeuge.

Wie das gehen soll? Erstens gehören reine Äußerungs- und Propaganda„delikte“ aus dem Strafrecht gänzlich ausgeklammert, solange die an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit eines sofortigen Gewaltausbruchs bzw. die vom Täter nachweislich beabsichtigte sofortige tatsächliche Auslösung von Gewalt nicht tatbestandlich vorausgesetzt wird. Im Zivilrecht wäre eindeutig vorzuschreiben, daß Kläger, die Personen der Zeitgeschichte sind, schon im Vorfeld der Hauptverhandlung nachweisen müssen, daß die angegriffene Äußerung unwahr ist und daß der Beklagte die Unwahrheit der Äußerung kannte oder nur infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Liegt keine nachgewiesenermaßen unwahre Behauptung vor, soll die Klage sofort kostenpflichtig abgewiesen werden, denn schon die Einleitung eines Prozesses stellt eine äußerst wirksame Einschüchterungsmaßnahme dar, der nur zum Teil durch eine letztendliche Abweisung abgeholfen werden kann.

Dann wird man ohne Erröten von Meinungsfreiheit sprechen können.


Der masturbatorische Philosemitismus – nochmals zu den Antideutschen


Einige haben bemängelt, daß mein satirischer Kurztext zum Thema „Antideutsche“ eben keine politologische Abhandlung mit allerhand Fundstellennachweisen sei. Zwar könnte man dagegen einwenden, daß das schließlich zwei völlig unterschiedliche Genres seien, die unterschiedliche Stilmittel einsetzen und unterschiedliche Ziele verfolgen. Damit wäre eigentlich alles gesagt.

Der Kernfrage – Was sind diese „Antideutschen" eigentlich für welche? – möchte ich mich aber schon etwas ausführlicher zuwenden. Die im folgenden zitierten Äußerungen habe ich repräsentativen antideutschen Presseorganen entnommen, und zwar teils dem Aufsatz „Gegen die antisemitische Internationale“ und Teils den „Aktuell“-Artikeln des antideutschen Verlags „BAHAMAS“. Wer als Antideutsche/r der Ansicht ist, daß diese Quellen nicht repräsentativ für die ganze besondere antideutsche Denkart seien, ist selbstverständlich herzlich eingeladen, in den Kommentaren repräsentativere Quellen zu verlinken (bitte beachten, daß Umlaute nicht angezeigt werden können – woran das liegt, ist mir ein Rätsel, also bitte: Keine Umlaute und keine Sonderzeichen).

Zum antideutschen Judenbild
Für den Nazi bin ich Hassobjekt. Für den Antideutschen bin ich Wichsvorlage.
Für keinen von beiden bin ich Mensch.


Die Antideutschen haben ein wirklich merkwürdiges Verhältnis zum Judentum. Zum Ausdruck kommt dieses Verhältnis u.a. im Untertitel des Aufsatzes Israelkritik – die zarteste Versuchung seit es Antisemitismus gibt: „Warum den Antisemitismus nicht kritisieren kann, wer mit Israel nicht solidarisch ist.“ Die grammatischen Besonderheiten dieser Äußerung sollen uns nicht weiter aufhalten. Wichtig ist zunächst die Frage, was man nach Auffassung der Antideutschen unter „mit Israel solidarisch“ zu verstehen hat. Diese Frage haben die Volksgenossen bei BAHAMAS mehrfach beantwortet. „Solidarität mit Israel, so weiß antideutsche Kritik“, heißt es in einem Beitrag von Tjark Kunstreich, der unter Antideutschen als so etwas wie ein Intellektueller zu gelten scheint, „ist entweder bedingungslos oder sie ist keine.“ So stellt schon „die trotzige Beanspruchung [des Rechts], Israel kritisieren zu dürfen“ einen „Verrat an Israel“ dar.  In der „Verteidigung Israels gegen jede Kritik“, so der Aufruf zu einer antideutschen Konferenz (auch bei BAHAMAS zu finden), liege eine der Hauptaufgaben der antideutschen „Kritik“.
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Lob der Innovation

An dieser Stelle möchte ich mal ein Loblied auf den politischen Innovationsstandort Deutschland singen. Paradoxa, vor denen man anderswo schreiend flüchtet, werden in der BRD freundlich umarmt. Dort kapitulieren die eisernen Gesetze der Logik vor der Akrobatik der Gehirnzellen. „Nichts ist unmöglich“ lautet die Devise.

Wußten Sie z.B., daß man den Imperialismus, den Militarismus, den Nationalismus und den Rassismus befürworten und dabei links sein kann? Echt! Ich hab’s gesehen! Continue reading →

Warum muß ausgerechnet der Broder etwas Vernünftiges fordern?

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Wenn ich einen Text von Henryk M-für-Mamser Broder lese, mache ich mich immer auf einiges gefaßt. Ich hätte gedacht, daß er gar nicht mehr imstande wäre, mich zu überraschen. Seine rassistischen Ausfälle, seine verlogene Hetze gegen Juden unzureichender Linientreue – ich war mir sicher, daß ich beim Lesen der Texteproduktion dieses Tiefenmessers der deutschsprachigen Publizistik zwar kotzen könnte, aber niemals staunen würde.

In diesem Sinne habe ich mich hingesetzt, um seine Kandidaturerklärung für den Vorsitz des Zentralrates der Juden in Deutschland über mich ergehen zu lassen. Continue reading →

Abendländische Nostalgie

 
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Wir werden in dieser Gesellschaft ständig mit neuen Schwachsinnsbegriffen beschmissen. Wo man auch hinkuckt, wird man von der Sprache für blöd verkauft. „Friedenstruppen“, zum Beispiel, oder „innere Sicherheit“ – „innere Sicherheit“, wie das klingt! Wie son Tampon-Werbespruch!

„Mit Wolfgang Ultras habe ich einfach ein Gefühl innerer Sicherheit, denn ich weiß: Wo ich auch hingehe, werden die mich nie allein lassen!"

 „Soziale Marktwirtschaft“ ist auch ganz herrlich. Fast so blöd wie „koschere Blutwurst“, „Halal-Schinken“ oder „christliche Nächstenliebe“. Continue reading →

Wenn der SPIEGEL über alle Religionen so berichten würde wie über den Islam

Killerspiele und Schlägerbullen

Da die kinderpornographischen Inhalte im Internet nur noch ausgewiesenen IT-Fachkräften zugänglich sind, sollten wir uns langsam anderen Themen zuwenden. Die CDU z.B. fordert schon Sperren für sog. Killerspiele – und das kann man auch nachvollziehen. Das sind nämlich Spiele, die die virtuelle Gewalt verharmlosen oder gar verherrlichen.

Und keine Partei in der BRD engagiert sich so konsequent gegen die fiktive Gewalt wie die CDU. Die wissen nämlich: Wenn sich die gewaltbereiten Jugendlichen schon mal im Internet austoben können, werden sie keine Lust mehr haben, sich am nächsten US-amerikanischen Angriffskrieg zu beteiligen. Und wer wird dafür sorgen, daß kein Türke, Angolaner oder Autonomer ohne blaues Auge auskommen muß (von der Entlastung der Schulen ganz zu schweigen)?

Dabei übersehen die Politiker eine ganze Reihe gewaltverherrlichender Inhalte. Schon mal bei Indymedia vorbeigeschaut? Da gibt es nämlich stapelweise Fotos, die zeigen, wie wehrlose Menschen einfach so ohne Grund auf offener Straße niedergeknüppelt, gefesselt, zusammengeschlagen und mit chemischen Waffen angegriffen werden. Und pornographisch sind die Fotos auch, wenn da schon der Schäuble einen Dauerständer von abbekommt.

Zu allem Überfluß tragen diese gemeingefährlichen Rowdys deutlich erkennbare Polizeiuniformen.

Da muß die Jugend vor geschützt werden! Was würden die sich wohl denken, wenn sie einer solchen Verherrlichung der Gewalt ausgesetzt werden? Das kann sie nur hoffnungslos verwirren. Man lernt ja auf der Schule, daß die Menschen, die sich Polizeiuniformen anziehen, unsere Freunde und Helfer sind. Wenn sie die Bilder sehen, werden sie den Eindruck bekommen, daß jeder, der grundlos Unschuldigen in die Fresse haut, ihr Freund und Helfer sei.

Dabei sind es nur manche.

Und was ist mit der Firma, die die Freunde und Helfer vertreten? Durch diese Bilder wird rohe Gewalt mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung – und was ist uns denn gelegentlich heiliger? – in Verbindung gebracht. Eine ganze Generation wächst in dem Glauben heran, daß Gewalt freundlich, hilfreich, freiheitlich und demokratisch sei.

Und umweltverträglich – nicht umsonst sind die Uniformen grün!

Natürlich könnte man – nach dem Motto Löschen statt sperren! – den Freunden und Helfern einfach verbieten, an wehrlosen Menschen rumzuknüppeln – aber für vernünftige Lösungen haben wir doch keine Zeit!