Entries from Juni 2009 ↓

Iran und Honduras

Man kann kaum umhin, von der massiven internationalen Unterstützung im Internet für die Menschen, die massiver staatlicher Gewalt trotzen, um gegen die – inzwischen zugegebene – Wahlfälschung im Iran, beeindruckt zu sein. Die internationalen Unterstützer der iranischen Reformbewegung scheinen mir in den meisten Fällen zweifellos ehrlich und aufrichtig. Es besteht ebenfalls kein Zweifel am Zynismus der Politiker in den USA, Europa und Israel, die heute ihre Solidarität mit den iranischen Demonstranten bekunden, obwohl viele dieser Demonstranten tot wären, wenn es diesen Politikern schon gelungen wäre, Unterstützung für einen weiteren Angriffskrieg – diesmal gegen den Iran –  zu wecken. Erwähnenswert ist auch, daß dieselben Regierungen, als die Armee des Schahs in den 70er Jahren Feuer auf iranische Demonstranten eröffnete, nicht nur kein Sterbenswörtchen des Protestes äußerten, sondern ihren Wunschdiktator sogar weiterhin mit Geld und Waffen belieferten.

Den Unterstützern der iranischen Demonstranten entgeht jedoch allem Anschein nach, daß sie nicht den geringsten Einfluß auf das Verhalten des iranischen Staates ausüben können. Über die derzeitige Regierung im Iran kann man viel Schlechtes sagen, aber keiner könnte behaupten, daß sie dem Westen hörig wäre (und für die US-Regierung liegt das Problem genau darin). Selbst wenn die gesamte Bevölkerung der USA und Europas auf die Straßen gingen und ein Ende der Gewalt gegen die iranischen Demonstranten verlangte, wäre wohl die einzig denkbare Reaktion seitens des iranischen Staates eine Verschärfung der Repression, um die Informationsflüsse wieder in den Griff zu bekommen.

Das alles steht im eklatanten Gegensatz zu dem Fall Honduras. Vor zwei Tagen wurde der gewählte Präsident, Manuel „Mel“ Zelaya, in seiner Residenz von bewaffneten Soldaten geweckt und nach Costa Rica entführt. Der Präsident der honduranischen Legislative und Zelayas politischer Rivaler Roberto Micheletti maßte sich unter Zuwiderhandlung gegen die Nachfolgebestimmungen der honduranischen Verfassung Zelayas Amt an und ließ sich als Präsident vereidigen. Das berüchtigte honduranische Militär hat eine Ausgangssperre verhängt, die Übertragung internationaler Kabelsender verboten und unter Verletzung des Wiener Abkommens über die diplomatischen Beziehungen mehrere ausländische Diplomaten entführt. Dieser Staatsstreich ist in der Hemisphäre fast einstimmig verurteilt worden. Nur die US-Regierung hat in mehrdeutigen Äußerungen Zuflucht gesucht.

Es gibt mehrere erheblichen Ähnlichkeiten zwischen den Fällen Honduras und Iran. In Honduras wie im Iran steht eine Wahl im Mittelpunkt; allem Anschein nach ist der Putsch in erster Linie darauf ausgerichtet, eine unverbindliche Volksbefragung über die Einberufung einer neuen verfassungsgebenden Versammlung (asamblea constituyente) zu verhindern. In Honduras wie im Iran ist es zu krassen Verletzungen der Immunität ausländischer Diplomaten gekommen. In Honduras wie im Iran haben diejenigen, die an der Macht sind, alle unabhängigen Medien zensiert (einige der mächtigeren Medien sind wie 2002 in Venezuela aktiv am Putsch beteiligt). In Honduras wie im Iran sind die Menschen auf die Straßen gegangen und trotzen auch jetzt einer Armee, die auf die eigenen Landsleute schießen soll. Der honduranische Putsch ist, wie die Wahlfälschung und Repression im Iran auch, von der internationalen Gemeinschaft verurteilt worden.

Hier endet die Ähnlichkeit. Anders als der Iran war Honduras bis vor Kurzem fast eine Provinz der USA. Durch die 80er Jahre hindurch war US-Botschafter John Negroponte, der in Honduras „Prokonsul“ genannt wurde, der faktische Herrscher im Land (später übernahm Negroponte dieselbe Funktion im besetzten Irak). Während dieser Periode ist die derzeitige honduranische Verfassung, die Zelaya letztendlich ändern möchte, verabschiedet worden. Eine winzige inländische Oligarchie regiert seit langem im Schulterschluß mit US-Konzernen eine bedrückend arme Mehrheit. Die für ihre brutale Repression der Armen in Honduras berüchtigte honduranische Armee ist für ihre Waffen und einen Großteil ihres Etats auf US-Militärhilfe angewiesen.

Die Ereignisse in Honduras entsprechen einem in Lateinamerika wohlbekannten Muster. Eine reformistische Regierung, die die Herrschaft der Oligarchie und die Abhänigkeit von den USA abschaffen will, wird mit der Unterstützung der armen Mehrheit gewählt. Die USA stellt sämtliche Auslandshilfe ein – bis auf die MIlitärhilfe und Zuschüsse für US-hörige politische Organisationen (z.B. die NGO Paz y Democracia in Honduras, die den Putsch unterstützt). Unter irgendeinem Vorwand stürzt das MIlitär die gewählte Regierung um und stellt die Herrschaft der Oligarchie und der US-Konzerne wieder her. Entweder erfolgt keine Äußerung über den Putsch seitens der USA, oder die USA machen rhetorische Gesten gegen den Putsch, ohne die Waffenlieferungen, die den Putsch erst ermöglichten, einzustellen oder gar zu reduzieren. Variationen dieses Themas haben wir bereits in Guatemala, El Salvador, Nikaragua, Panama, Chile, Argentinien, Paraguay, Uruguay, Brasilien, Haiti, der Dominikanischen Republik und neulich in Venezuela (wo ein Volksaufstand binnen 48 Stunden dem Putsch den Garaus machte) gesehen. Wenn man die Länder in Asien und Afrika, denen ähnliche „Demokratieförderungsmaßnahmen“ der USA zugute gekommen sind, noch hinzufügen würde, wäre die Liste viel länger.

Die Beweislage läßt also kaum Zweifel an der Beteiligung der USA am Putsch zu. Anders als im Fall iran gibt es also die Möglichkeit, daß in- und ausländischer Protest wirksam sein könnte. Ohne die von den USA zur Verfügung gestellten Waffen und Zuschüsse würde der Butsch fast sofort zusammenbrechen. Um konsequent zu sein und das moralische Grundprinzip, daß sich Proteste dorthin richten sollen, wo sie am ehesten was erreichen können, müßte die Protestwelle so groß, wenn nicht noch größer, sein wie die internationalen Proteste gegen die Wahlfälschung und Repression Im Iran. Warum steht der Iran dann – und nicht Honduras – bei Twitter auf der Liste der „trending topics“?

Der Iran ist ein offizieller Feind der USA und Europas. Folglich ist es gar nicht schwer, negative Darstellung des Landes und seiner Regierung durch die Filter der wichtigsten Medien zu lotsen. Die leidenschaftlichen Artikel in den Meinungsspalten über die große Gefahr des nichtexistierenden iranischen Atomwaffenprogramms machen deutlich, daß man sich für Fakten gar nicht zu interessieren braucht, solange man den Großen Satan verurteilt. Die westlichen Regierungen und Medien haben also bei der Verbreitung von einschlägigen Informationen und der Konzentration der Aufmerksamkeit ihrer Bevölkerungen auf die Ereignisse im Iran ganze Arbeit geleistet, genauso wie die es im Falle irgendeines anderen offiziellen Feindes täten. Im Falle Honduras hingegen läge eine konsequente Berichterstattung und Bloßstellung der Ereignisse  nicht im Interesse der USA und Verbündeten noch im Interesse der Konzernmedien. Wenn der Putsch in Honduras scheiterte und die gewählte Regierung wieder an die Macht käme, würde das für US-Konzerne Millionenverluste bedeuten.

Das soll nicht heißen, daß die internationalen Online-Unterstützer der Reformbewegung im Iran genauso scheinheilig und zynisch wären wie die Regierungen der USA und Westeuropas. Es scheint klar, daß ihre Sorge um die Demokratie und ihre Empörung über die repressive Taktik des iranischen Staates ehrlich gemeint sind. Es liegt jedoch an ihnen, das unter Beweis zus tellen, indem sie zumindest einen Teil ihrer Energie einem Affront gegen die Demokratie zuwenden, den sie auch tatsächlich beeinflussen können.

Für ausführliche Berichte über den honduranischen Putsch und dessen Hintergründe siehe (auf Englisch): http://www.zmag.org/znet/viewArticle/21817

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http://www.zmag.org/znet/viewArticle/21816

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http://hablahonduras.com/

http://jbcs.blogspot.com/2009/06/adolfo-perez-esquivel-sobre-honduras.html

http://alainet.org/active/31280&lang=es

http://www.kaosenlared.net/noticia/95351/primeras-lecciones-golpe-estado-honduras

 

Die Lex von der Leyen und die Verhältnismäßigkeit

Alle sind ziemlich aufgeregt über das Gesetz über die Gewährung des Zugangs zu kinderpornographischen Erzeugnissen im Internet. Manche bezeichnen es sogar as verfassungswidrig und wollen gerichtlich dagegen vorgehen. Das dank massiver getarnter Unterstützung in der Bevölkerung verabschiedete Gesetz verletze, so diese Teilweisegestrigen, hohe Rechtsgüter wie die Meinungsfreiheit.

Immer mit der Ruhe. Hier ist eine verhältnismäßige Betrachtung gefragt. Wo soviele eine eindeutig verfassungswidrige Maßnahme sehen, sehe ich eigentlich ein mehrheitlich verfassungsschonendes Regelwerk.

Gut, die Meinungsfreiheit, das Zensurverbot, das ganze Artikel-5-Zeugs. Das ist schon ein Argument. Das will ich überhaupt nicht abstreiten. Und man kann vielleicht auch getrost sagen, daß das Gesetz gehörmäßig nicht ganz ohne ist. Und, ja, es beruht viel eher auf dem Grundsatz der Gewaltenanhäufung als auf dem konventionellen Gedanken der Gewaltenteilung. Das ist alles wahr. Das sehe ich schon ein. Und das Eigentumsrecht, klar. Da gibt’s auch ein paar Problemchen mit.

Ich räume also argumentationshalber bereitwillig ein, daß das Gesetz unter strengen Maßstäben in den Rahmen der Art. 5 I, 14, 20 II, 20 III und 103 schwer paßt. Gehen wir also davon aus, daß so ca. 5 verfassungsrechtliche Vorschriften verletzt worden sein könnten.

Dabei muß man bedenken, daß das Grundgesetz aus 189 Artikeln besteht. Und mindestens doppelt sovielen Absätzen! Und bedenken Sie bloß, wieviele teilweise äußerst wichtigen Vorschriften vom Zugangsgewährungsgesetz nicht verletzt worden sind. Der Artikel zur Bundesflagge etwa, oder der zu den Untersuchungsausschüssen. Und das Recht der Bundestagskandidaten auf Wahlkampfurlaub hat da überhaupt nichts von abbekommen! Das Recht gewisser Ausländer, für die Dauer ihres Asylablehnungsverfahrens in der BRD zu bleiben, ist auch noch völlig intakt. Und was ist mit Art. 145 über den Parlamentarischen Rat?

Und die Glaubensfreiheit, diese tragende Säule der freiheitlich-demokratischen Grundordnung? Die ist doch nicht verletzt worden, oder? Gut, manche Amtsträger der katholischen Kirche werden sich vielleicht zur Teilnahme an EDV-Fortbildungskursen gezwungen sehen, aber das ist doch auch nicht übermäßig!

Wenn wir also davon ausgehen, daß diese Leute, die glauben, bloß weil sie 134.000 Unterschriften ordnungsgemäß gesammelt haben hätten sie das Recht, auch noch gehört zu werden, mit ihren Behauptungen Recht haben, ist das Grundgesetz zu höchstens 2,6% verletzt. 2,6 Prozent! Die restlichen 97,4% sind vollkommen unangetastet.

Verletzung? Ich bitte Sie. Das ist doch nur ein Kratzer!

Gehen Sie denn zum Arzt, wenn Sie an 2,6% Ihres Körpers verletzt sind? Als Kassenpatient? Die Praxisgebühr ist das doch nicht wert! Warum gehen Sie dann gleich vor Gericht, wenn nur ganze 2,6% der Verfassung verletzt worden sind?

Staatsbürgerkundeunterricht bei der Zensursula

Ich wußte gar nicht, daß so etwas als „Streitgespräch“ bezeichnet werden kann. Von Streit und Gespräch ist da nichts zu spüren. Argumentiert hat nur Franziska Heine, deren Durchhaltevermögen ihr zu Ehren gereicht (ich selber hätte mich nur mit größter Mühe davon abhalten können, die verehrte Frau Rei..Bundesfamilienministerin zu ohrfeigen). Die von der Leyen hingegen hat nur längst widerlegte Werbesprüche zum besten gegeben. Sie hat soviel Käse rausgehauen, daß es die französische Wirtschaft gefährden könnte. Auf Argumente, Fakten und Thesen ist sie überhaupt nicht eingegangen.

Daß so ziemlich alles, was von der Leyen zum Thema Kinderpornographie und Internetsperren gesagt hat, mit der Wirklichkeit nichts zu tun hat, haben schon viele ausführlich dargelegt. Daß ein Politiker lügt, um ein Vorhaben zu rechtfertigen, das sich mit ehrlichen Mitteln nicht rechtfertigen läßt, dürfte selbst den Dümmsten nicht unbedingt überraschen.

Nein, es gibt in dieser von der Leyen-Monologsammlung (mit Korrekturhinweisen von Franziska Heine) überhaupt nichts Neues, was das Internetzensurgesetz betrifft. Was Wurfprämien-Ursel aber über sich selbst und die parlamentarischen Denkmuster verrät, ist ein Denkzettel an uns alle.

Zur Erinnerung: 134.000 Menschen haben die Bundestagspetition gegen das Internetzensurgesetz unterschrieben. Damit handelt es sich um die zahlenmäßig erfolgreichste Bundestagspetition der bundesrepublikanischen Geschichte. Daraus, daß man sich im Bundestag gar nicht erst mit den Gegenargumenten der Petitionsbewegung , (und somit mit den Argumenten fast aller namhaften Internetexperten) auseinandergesetzt hat, zieht Heine folgende Konsequenz:

„Die Unterzeichner der Petition haben gesehen, wie Entscheidungen in der Politik getroffen werden – und das wird sie nachhaltig prägen.“


Und was sagt die von der Leyen dazu? „Das ist doch etwas Tolles.“  Daß Massenproteste von der Politik völlig ignoriert werden, ist für sie „lebendige Demokratie“. Außerdem brauche man höchstens ein paar Minuten, um so eine Petition zu unterschreiben im Gegensatz zu den 50 Minuten, die man braucht, um die eigene Verachtung derselben amtlich zu registrieren. „Natürlich kann Frustration entstehen, wenn man merkt, dass da auch andere demokratische Prozesse laufen, zum Beispiel Ausschussberatungen, in denen gewählte Vertreter Entscheidungen fällen, oder ein SPD-Parteitag, auf dem ein Beschluss anders fällt, als Sie sich das gewünscht hätten. Aber über diesen Punkt müssen Sie hinweg und sagen: Wir beteiligen uns weiter an den Diskussionen.“

So so. Für Menschen wie Wiefelspütz und von der Leyen sieht eine lebendige demokratische Praxis ungefähr wie folgt aus:

STAAT: Wollt ihr die totale Zensur?
BEVÖLKERUNG: Lieber nicht. Außerdem stimmt kaum etwas von dem, was Sie da sagen.
STAAT: Die Bevölkerung will die Zensur. Was habt ihr Spinner denn bloß für ein Problem?
BEVÖLKERUNG: Unser Problem ist, daß wir sie eben nicht wollen.
STAAT: Das ist uns sowas von reißpipenscheißegal.
BEVÖLKERUNG: Wa-aas?
STAAT: Wieso freut ihr euch denn nicht? Ihr habt gerade eine wichtige Lektion über die Funktionsweise einer lebendigen Demokratie erteilt bekommen. Das ist doch was Tolles!
BEVÖLKERUNG: (sprachlos)
STAAT: Schön, daß ihr euch mal gemeldet habt. Ich hoffe, daß ihr euch trotz der Erkenntnis, daß wir auf eure Beiträge scheißen, weiterhin an der Diskussion beteiligen werdet.
BEVÖLKERUNG: Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, ….
STAAT: Sorry, keine Zeit. Muß mich wieder am demokratischen Prozeß beteiligen.

So gesehen ist die lebendigste Demokratie, die es je auf deutschem Boden gegeben hat, 1989 untergegangen.

Marsch der von der Leyen-Kolonne

Melodie: Marsch der Kampfgruppen der Arbeiterklasse

Wir bauen in stürmischen Zeiten
ein angeblich sicheres Land,
zerschlagen im Auftrag der GEMA
die Freiheit mit eiserner Hand.
Das Ziel ist totale Kontrolle,
und Kinder das Mittel zum Zweck –

Das Sperrkollektiv der Zensoren
Erzählt Ihnen gern jeden Dreck! (bis)

Wir werden das STOPP-Schild errichten.
Was schert uns des Pöbels Geschrei?
Die können uns lustig petieren;
Uns geht das am After vorbei.
Uns führte der Iran vor Augen
wie sehr uns das Netz-Dings bedroht –

Die Staatsmacht (die unsre) zu schützen,
ist allen das erste Gebot! (bis)

Wo VS und GEMA regieren,
der Schäuble das Netz überwacht,
zensiert wird, was wir nicht begreifen,
bleibt der bellende Pöbel in Schach.
Da lohnt es, dem Wähler zu trotzen,
da lohnt es, ganz oben zu stehn –

Da kann man die Menschen verarschen
(schließlich wird es dann keiner mehr sehn)! (bis)

Killerspiele und Schlägerbullen

Da die kinderpornographischen Inhalte im Internet nur noch ausgewiesenen IT-Fachkräften zugänglich sind, sollten wir uns langsam anderen Themen zuwenden. Die CDU z.B. fordert schon Sperren für sog. Killerspiele – und das kann man auch nachvollziehen. Das sind nämlich Spiele, die die virtuelle Gewalt verharmlosen oder gar verherrlichen.

Und keine Partei in der BRD engagiert sich so konsequent gegen die fiktive Gewalt wie die CDU. Die wissen nämlich: Wenn sich die gewaltbereiten Jugendlichen schon mal im Internet austoben können, werden sie keine Lust mehr haben, sich am nächsten US-amerikanischen Angriffskrieg zu beteiligen. Und wer wird dafür sorgen, daß kein Türke, Angolaner oder Autonomer ohne blaues Auge auskommen muß (von der Entlastung der Schulen ganz zu schweigen)?

Dabei übersehen die Politiker eine ganze Reihe gewaltverherrlichender Inhalte. Schon mal bei Indymedia vorbeigeschaut? Da gibt es nämlich stapelweise Fotos, die zeigen, wie wehrlose Menschen einfach so ohne Grund auf offener Straße niedergeknüppelt, gefesselt, zusammengeschlagen und mit chemischen Waffen angegriffen werden. Und pornographisch sind die Fotos auch, wenn da schon der Schäuble einen Dauerständer von abbekommt.

Zu allem Überfluß tragen diese gemeingefährlichen Rowdys deutlich erkennbare Polizeiuniformen.

Da muß die Jugend vor geschützt werden! Was würden die sich wohl denken, wenn sie einer solchen Verherrlichung der Gewalt ausgesetzt werden? Das kann sie nur hoffnungslos verwirren. Man lernt ja auf der Schule, daß die Menschen, die sich Polizeiuniformen anziehen, unsere Freunde und Helfer sind. Wenn sie die Bilder sehen, werden sie den Eindruck bekommen, daß jeder, der grundlos Unschuldigen in die Fresse haut, ihr Freund und Helfer sei.

Dabei sind es nur manche.

Und was ist mit der Firma, die die Freunde und Helfer vertreten? Durch diese Bilder wird rohe Gewalt mit der freiheitlich-demokratischen Grundordnung – und was ist uns denn gelegentlich heiliger? – in Verbindung gebracht. Eine ganze Generation wächst in dem Glauben heran, daß Gewalt freundlich, hilfreich, freiheitlich und demokratisch sei.

Und umweltverträglich – nicht umsonst sind die Uniformen grün!

Natürlich könnte man – nach dem Motto Löschen statt sperren! – den Freunden und Helfern einfach verbieten, an wehrlosen Menschen rumzuknüppeln – aber für vernünftige Lösungen haben wir doch keine Zeit!

Die CDU hat mal eine gute Idee

Wer online etwas ausgefressen hat, soll künftig des Internets verwiesen werden – so will es das Wahlprogramm der CDU. Damit nicht genug, womöglich wird sein ganzer Haushalt aus dem Internet abgeschoben. Kein Prozeß, keine Anklage, kein Gericht kein Urteil – einmal erwischt, für immer offline. Fertig, aus, Ende.

Wer hätte das bloß gedacht? Ausgerechnet die CDU! Dabei hätte man doch meinen können, daß  gerade die Christlich-Demagogische Union den Wert des Vergessens und Verzeihens nicht verkennen würde.

Den Ansatz sollte man aber vielleicht nicht so schnell wieder verwerfen. Manche der fünf oder sechs LeserInnen dieser Meldungen mag das befremden, aber ich finde, die Conten-Depot-Union hat da ausnahmsweise eine verdammt gute Idee.  

Fragt sich bloß, warum wir das auf das Internet beschränken sollten. So eine Idee ist für die Politik wie geschaffen. Einmal Schwarzgeld kassiert – Parteiverbot. Einmal Verfassungsbruch oder Angriffskrieg befürwortet – passives Wahlrecht verwirkt.

Ach, Herr Schäuble? Frau Merkel? Frau von der Leyen? Da läßt die Begeisterung nach, wie? Pech gehabt, wir wollen hier doch keine halben Sachen machen!

Und wer die Wähler bescheißt, darf nicht mal bei Anne Will seinen Senf dazugeben.

Herr Steinmeyer? Herr Müntefering? Herr Westerwelle? Vor Kurzem haben die Herren doch so gegrinst!

Boah, hat hier einer petiert?

Die erfolgreichste Petitionsbewegung der bundesdeutschen Geschichte haben wir gerade erlebt, und wie reagiert der Bundestag darauf? Gar nicht erst zur Kenntnis genommen haben die das. Ganze 50 Minuten haben die gebraucht, um ein Gesetz zu verabschieden, das eher so aussieht wie eine Klausur im 1. Staatsexamen mit der Fragestellung: „Wieviele Bände wird die Entscheidung des BverfG, die diesen Unsinn für verfassungswidrig erklärt, in etwa füllen?“

Dieter Wiefelspütz – Selbstsatirebeauftragter der SPD – hat immerhin die Chuzpe gehabt, den bellenden Wählerhunden die Leviten zu lesen: „Petieren ist ja schön und gut – doch das Ergebnis wird keinen Einfluss auf unsere politischen Entscheidungen haben.“

Den Satz sollten sich die Abgeordneten der Linkspartei mal merken. So reden richtige Realos. Sobald die Linkspartei die Haltung draufhat, wird der Verfassungsschutz endlich aufhören, sie zu überwachen.

Kaum war dem Wiefelspütz die Sprachpfütze aus dem Mund getröpfelt, haben die Menschen schon wieder angefangen, sich medienwirksam zu empören. Manche vermuten sogar, daß der Wiefelspütz am End doch kein ganz lupenreiner Demokrat sein könnte.

Dem muß ich aber nachdrücklich widersprechen. An Wiefelspütz‘ Äußerung muß man viel differenzierter ran. Das Problem liegt nämlich nicht in seinem sicherlich einwandfreien Demokratieverständnis – Wer mich wählt, ist selber schuld ist nämlich längst parlamentarisches Kerngedankengut – sondern in seinem Etymologieverständnis.

Bestimmt stellt sich der Wiefelspütz vor, petieren sei vom Französischen abgeleitet. Auf Französisch gibt es nämlich das Verb péter. Péter ist Französisch für furzen.

Wenn also 130.000 Bundesbürger petieren, denken die im Bundestag, es hätte einer gefurzt, und allen ist ganz kurz peinlich. Dann öffnen sie halt mal das Fenster und machen heiter weiter.

Wie so oft im menschlichen Leben kommt es auch beim Internetzensurgesetz darauf an, wem es stinkt und von welchem Arsch es in die Welt gesetzt worden ist.

Die Deutschenversteher

Die Empörung ist sogar auf dieser Seite des Großen Teichs nicht zu überhören: "Internetzensur! Daß sich die SPD an sowas beteiligt!" Bald kommen die altehrwürdigen Sprechchöre noch hinzu: "Wer hat uns verraten? Sozialdemokraten!" Ich bitte Sie, das war sonnenklar! Schon 1914 war die Nummer vorherzusehen.

Hartz IV, Aushebelung des Asylgrundrechts, Angriffskrieg gegen Jugoslawien, Angriffskrieg gegen Afghanistan, Gesundheitsreform….Und jedesmal sind die SPD-Wähler schockiert!

Und wie tun diese Menschen ihrer Empörung kund? Sie gehen in die Kabine und denken sich: "Ich werd’s ihnen zeigen – diesmal kriegt die SPD nur meine Zweitstimme!"

Sie zeigen denen da oben, was ein Trottel ist. Diese Opportunistische Partei Deutschlands verpaßt ihnen einen, und sie zahlen weiterhin brav ihre Mitgliedschaftsbeiträge.

Die Sozialdemoskopen sind eigentlich die talentiertesten Deutschenversteher der BRD. Wie lauten nochmal die Sätze, die in keinem Sprachkurs durchgenommen werden und dennoch aus dem Alltag in der BRD nicht wegzudenken sind?

"Ach, erlauhm Se man!"

"Is doch ’ne Unverschämtheit, sowat!"

"Gehn Se mir wech mit dem Quatsch!"

Münte & Co. haben’s verstanden: Nicht Fußball, sondern Dauerempörung ist die beliebteste Sportart der Deutschen. Selbst wenn sie nicht mal mehr eine Tasche haben, in der was drin sein könnte, sind die Deutschen beim Meckern reich.

Sogar noch sehnlicher als sie sich Mindestlohn, Hartz-IV-Rücknahme und Afghanistan-Abzug wünschen, wünschen sich SPD-Stammwähler Grund zum Motzen. Noch mehr als sie die Internetzensur hassen, lieben sie die Möglichkeit, sich darüber aufzuregen.

Die SPD liefert immer noch die beste Vorlage zur jammertechnischen Selbstbefriedigung: Sie versprechen im Wahlkosmetikprogramm Mond, Sterne und soziale Gerechtigkeit, und koalieren dann nach der Wahl mit Parteien, mit denen das alles nicht zu machen ist.

Was kann man noch dazu sagen, wo das inzwischen sogar dem Westerwelle zu blöd ist?

Aber durch ihre Motzvorlagenversorgung gelingt es der SPD immer noch, zweistellige Wahlergebnisse zu liefern.

Ein Volk, das auf "Jetzt sind wir alle Amerikaner" so abfuhr, wird an "Jetzt sind wir alle Chinesen" seine helle Freude haben.

Die erschütterten Werte

Amerikas Werte sind in ihren Grundfesten erschüttert worden. Das hört man in den Staaten schon lange. Gesagt wird es meist von der Sorte Menschen, die im Falle eines Pogroms die Benzinkanister nachfüllen würde. Und meist heißt es auch: Schwarze dürfen in unsere Schule, Frauen dürfen abtreiben, Frauen dürfen wählen, Frauen dürfen arbeiten gehen (überhaupt haben sie es meist mit Schwarzen und Frauen).

Ganz so ernst ist es diesmal nach amerikanischen Maßstäben nicht. Es geht um Folter, um Praktiken, die das Ansehen Amerikas im Ausland schwer geschädigt haben. Es sollen auch einzelne Ausländer davon betroffen sein.

Fast acht Jahre lang haben Angehörige der US-Staatsorgane auf Weisungen von höchster Ebene hin Menschen verprügelt, versohlt, vergewaltigt, überheizt, unterkühlt, zum Schein ertränkt, zum Schein begraben,  ihnen den Schlaf und die Sinneswahrnehmungen entzogen, und und und. Unsere Werte werden sich vielleicht nie wieder von diesem schweren Schlag erholen.

Das war etwas nie Dagewesenes, naja, wenigstens etwas Langenichtmehrdagewesenes. Davor hat die US-Regierung nämlich sechzig Jahre lang Folterstaaten errichtet, militärisch und wirtschaftlich unterstützt, Folterunterricht erteilt, Folterausrüstung geliefert. Da war es mit unseren Werten noch im grünen Bereich.

Amerikas Werte sind nun mal eine ganz subtile Sache. Mit Pauschalierungen und Abstraktionen kommt man an die Psyche der staatstragenden Elemente Amerikas nicht ran. Da gibt’s Feinheiten, die können Nichteingeweihte gar nicht begreifen.

Folter durch US-Beamte ist eine Schande. Mit Folternlassen hat aber keiner ein Problem.

Wenn die USA foltern lassen, handeln sie ganz im Sinne der amerikanischen Werte: Outsourcing. Den Begriff haben die Amis sogar erfunden. So bekommen sonst chancenlose junge Menschen in Lateinamerika, Afrika und im Nahen Osten die Möglichkeit, so richtig was zu werden. Das war eine Art Marshall-Plan für Soziopathen. Und es hat funktioniert! Wer sich auch nur ein bißchen in Mittelamerika umsieht, wird schon merken, was für bluten…blühende Landschaften dieser wichtigste Bestandteil der US-Auslandshilfe hervorgebracht hat.

Elektrotechniker konnten die Jungs nicht lernen. Dafür aber Elektrodentechniker.

Aber eines Tages war alles aus. Seit 2001 müssen diese netten jungen Leute mit amerikanischen Spitzenkräften um Arbeitsplätze konkurrieren. Solch eine unfaire Politik kann die Werte der amerikanischen Oberschicht nur erschüttern, denn keiner, der den Sadismus des US-Bildungswesens nicht kennt, wird da jemals mithalten können. Die jungen, aufstrebenden Folterer der Welt müssen zusehen, wie ihnen irgendwelche Ausländer aus Amerika den Lebensunterhalt nehmen, und haben anstatt des direkten Drahts in den gehobenen Dienst nur noch die Möglichkeit, ihr Leben als mittlere Gangster zu fristen.

Auch Barack Obama konnte nicht umhin, von der Notlage der arbeitslosen Folterer im Ausland peinlich berührt zu sein. Er hat auch entschlossen gehandelt:

Schon seit der ersten Woche seiner Amtszeit unterliegt direktes Foltern durch US-Beamte einem Verbot mit Erlaubnisvorbehalt!

Natürlich sind nicht alle damit einverstanden. Unmut über die Streichung der Arbeitsplätze für US-Folterspezialisten war vor allem seitens des Grövaz (also des Größenwahnsinnigsten Vize aller Zeiten) zu hören. Der Obama mache die Amerikaner doch unsicher mit seiner Politik. Abgesehen von den paar Tausend Amis und den paar Millionen Irakern und Afghanen sei Dank seiner Folterpolitik seit dem 11. September 2001 niemand mehr bei irgendeinem Anschlag ums Leben gekommen.

Es kommt aber noch besser: Wenn es die Folterlager nicht gäbe, so Cheney, „dann hätten wir diese ganzen Menschen einfach unbringen müssen.“

Nur durch Folter-Insourcing war der Cheney also von der Errichtung von Vernichtungslagern abzuhalten gewesen.

Die amerikanischen Werte muß man eben nuanciert betrachten.

Die unbescholtene Gefahr

Was soll das schon wieder? Alle regen sich auf über den Schäuble. „Überwachungsstaat! Er will unbescholtene Bürger online überwachen!“ Sagen Sie mal, geht’s vielleicht eine Nummer kleiner? Den Schäuble sollte man ja auch mal ausreden lassen.

Natürlich will der Schäuble unbescholtene Bürger überwachen. Wen denn sonst?

Denken Sie mal nach: Wer ist jetzt die größte Gefahrquelle seit dem Reichtstagsbrand? Na logo, die Islamisten! Und was sind das denn für welche? Genau, das sind religiöse Fundamentalisten…also, der Ratzinger kommt nicht in die Anti-Terror-Datei, aber das ist auch ein anderes Thema.

Die Feinde, vor denen es uns zu schützen gilt, sind also religiöse Fanatiker, Gotteskrieger von der übelsten Sorte, die Sünde und Laster den Garaus machen wollen. Die haben sich doch die Unbescholtenheit groß auf die Fahne geschrieben. Und da entsinnt sich der Schäuble eines der heiligen Prinzipien seiner christlichen Partei: „Wer ohne Sünde ist, auf den werft den ersten Stein.“

Ist ja auch Logik.

Und wieviel man der CDU auch vorwerfen mag, inkonsequent ist sie nicht. Was im Kampf gegen den Terror gilt, gilt auch – oder erst recht – im Kampf gegen die Wirtschaftskrise. Unbescholtene Bürger sind dieser Schwarzgeldwaschküche zutiefst suspekt. Und so kommt es, daß Menschen wie der Ackermann und der Zumwinkel von dieser Regierung mehr Stütze kriegen als die Menschen, die wegen Menschen wie Ackermann und Zumwinkel arbeitslos sind!