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„Offener Brief an einen Bürger Gazas: Ich bin der Soldat, der in Deiner Wohnung geschlafen hat“ (Parodie)

Heute ist mir dieses Prachtstück, das hoffentlich nicht das ist, was es zu
sein vorgibt, über den Weg gelaufen. Darin gelingt es einem IDF-Soldaten, der
nach eigenen Angaben die Wohnung eines Gazaer  Zivilisten als militärische Position benutzt
hat, auf das Gaza-Gemetzel noch eins draufzulegen. So sehr man es sich auch erhoffen
möchte, handelt es sich bei diesem Schreiben nicht um eine Entschuldigung für
den entsetzlichen Zustand, in den die angreifende israelische Armee die von ihr
requirierten Wohnungen gebracht hat (rassistische Schmierereien und sonstiger
Vandalismus gehören zur Norm), sondern legt einen geradezu widerlichen Grad an
Selbstmitleid und Selbstherrlichkeit an den Tag, indem dieser
(höchstwahrscheinlich) jugendliche Soldat sich das Recht anmaßt, einem ganzen
Volk Moralvorträge über gutes Benehmen und darüber, wer ihr „eigentlicher Feind“
sein soll, zu halten. Nachdem ich mit knapper Not vermied, daß alle im letzten
Monat verzehrten Mahlzeiten auf einmal wieder hochkamen, schrieb ich folgendes:



 

Hallo,

vermutlich erinnerst
Du Dich gar nicht an mich. Ich bin’s, der nette junge Mann, der Deine
Schlafzimmerzür niedergetreten hat und Dir sodann anheimstellte, Du mögest Dich
sofort verpissen, aber an Gesichter erinnert man sich eben schwer, dafür habe
ich schon Verständnis, und außerdem hast Du Dich viel eher für den Lauf meines
Galil-Sturmgewehrs interessiert. Ihr Araber mit Eurem Waffenfetisch!

Da ich mir schon
gedacht habe, daß Du Dich vielleicht nicht an mich erinnerst, habe ich während
meiner Freizeit ein kleines Andenken als Beitrag zur Verständigung meines unschuldigen,
edlen Volkes mit deinem beinahe menschlichen Volk hinterlassen. Das ist
übrigens mein Ernst! Ihr seid wirklich nur eine Haaresbreite vom Menschsein
entfernt.
Links des von mir verbreiterten
Wohnzimmerfensters habe ich ein kleines Selbstporträt gemalt, so als Souvenir. Es
steht gleich über dem Spruch „Araber in die Öfen!“ – das Strichmännchen, das
auf die palästinensische Fahne scheißt. Mir ist aufgefallen, daß Du eine sehr
schöne Gemäldesammlung an den Wänden hast, bzw. hattest. Ich bin auch
ein großer Kunstfreund! Es ist ja so schön, daß wir solche kleinen
Gemeinsamkeiten haben.

Ich möchte Dir
nur sagen, daß ich nichts Persönliches gegen Euch habe. Ich glaube, mit ein bißchen
Evolution und einer richtiggehenden Auslese könnte man sogar Euer Fortbestehen
auf Erden hinnehmen! Mein Kommandant sagt mir immer, ich sei „hoffnungslos
optimistisch“, aber ich glaube nicht, daß Untermenschen unbedingt für immer
Untermenschen bleiben müssen. Ich kann aber einfach nicht umhin,
ein starkes Ressentiment darüber zu verspüren, daß ich mich gezwungen sah, die
Schule in die Luft zu jagen, in der all die ganzen Leute Zuflucht suchten. Wenn
Ihr bloß Eure Kinder so sehr liebtet, wie Ihr die unsren haßt…oder so ähnlich,
hat Golda Meir mal gesagt.

Ich weiß, ich
weiß: Du denkst „Wenn du wirklich so ein netter Kerl bist, warum hast du mir
denn das Wohnzimmer vollgekackt?” Wie typisch, daß Du nicht bemerkt hast, daß
ich das ganze Geschissene zu einem ordentlichen Häufchen zusammenkerhte und
sogar ein Blatt Papier mit der Aufschrift „VORSICHT, NICHT DRAUFTRETEN!“ drauf
gelegt habe! Und falls Du trotzdem nicht in der Lage bist, die Qualen, die ich
während unserer letzten herzzereißenden Ausübung unseres Notwehrrechts
durchgemacht habe, möchte ich Dir noch was sagen: Deine Katze habe ich nicht
zum Spaß erschossen. Ich liebe Katzen. Nein, das hab ich aus
Gruppenzwang getan.
Ich und die
Jungs saßen eines Nachmittags halt gelangweilt rum, als wir uns fast sicher
waren, daß es in Deiner Gegend kein Lebewesen mehr gab, und die haben mich dazu
herausgefordert. Ich weiß, daß Du jetzt etwas traurig bist, aber denk bloß an
die ganzen Katzen, die wir von ihren ehemaligen Familien befreit haben. Eine
neue wirste im Nu finden!

Ich glaube gern,
daß ich für Dein Volk eine gewisse Empathie habe. Mein Urgroßvater war nämlich
am Aufstand im Warschauer Ghetto beteiligt. Selbstverständlich war das aber
eine völlig andere Situation. Sein Wunsch, sich vor dem Abgeschlachtetwerden zu
wehren, macht ihn zum Helden, Eurer aber macht Euch zu Terroristen.

Ach, wie gern
würde ich bloß eines Tages mit Dir beim Kaffee oder diesem Schischa-Dreck, auf
den Ihr Araber immer so abfahrt, über die Ironien der Geschichte sinnieren! Ich
habe aber das Gefühl, daß Du meinen Olivenzweig zurückweisen wirst. Ich habe
sogar so ein Gefühl, daß Du dir gerade denkst: „Für wen hält sich eigentlich
dieses ignorante Jüngelchen, daß er einem gut dreißig Jahre älteren Mann
Predigten über gutes Benehmen und Dankbarkeit hält?”

Aber mal unter
uns: wart Ihr 1948 und 1967 nur ein bißchen weiter weg gelaufen, ware es zu
diesen ganzen Unannehmlichkeiten zwischen uns gar nicht erst gekommen. Wir hätten
Euch längst in Ruhe gelassen, wenn Ihr bloß abgehauen wärt. Ihr hattet ja die
Chance, Euch durch möglichst weites Davonrennen von unserer „Unterdrückung“ zu
befreien. Ihr verpaßt nun wirklich nie die Chance, eine Chance zu verpassen! Aber
da Ihr nun mal da seid, fühlen wir uns verpflichtet, uns um Euch zu kümmern. Allem
Anschein nach hat sich bei Euch ein Fettsuchtproblem entwickelt (3 von 5
Erwachsenen wogen sogar über 40 Kg!), also haben wir Euch halt mal eine kleine
Diät verschrieben. Als Ihr wegen Eures vollständigen Mangels an
Selbstbeherrschung anfingt, Tunnel auszubuddeln, um Dinge reinzuschleusen, die
wir Euch zu Eurem Besten vorenthielten, haben wir Euch eben zu der Erkenntnis
verholfen, daß Euer Vorgehen nicht das richtige war. Und wie habt Ihr
denn darauf reagiert?
Ihr habt
schlecht zusammengebastelte Raketen in die Nähe unserer Wohnbezirke geworfen! Das
ist doch eine Frechheit, eine Ungehörigkeit!
Wenn Ihr uns mit irgendwelchen Sprengkörpern bewerfen wollt, dann seht
gefälligst zu, daß es Markenartikel sind, die auch wirklich funktionieren! Alles
andere ist eine Beleidigung.
Wir wollen
doch nur Frieden  haben und Euch loswerden
den Frieden, und wir werden gerne mit Euch Frieden schließen, sobald sich Eure
Kultur soweit entwickelt hat, daß Ihr dazu in der Lage seid.

Halt bitte Deine
Empörung in Grenzen. Zwar hast du über 1.300 Freunde, Angehörige und Nachbarn an
uns verloren, aber an Euch habe ich meine UNSCHULD verloren!

Mit freundlichen
Grüßen,

Der anonyme
Soldat, der eine schmerzhafte Woche in Deiner Wohnung verbracht hat.

PS. Deinen
Kühlschrank habe ich nicht gern offengelassen. Und die angezündete Zigarette
auf Deinen vormals schönen Teppich fallen zu lassen, Löcher in jedes Kissen und
jeden Polster in Deinem Haus einzureißen, und mehrere Stück dreckiger
Unterwäsche auf dem Küchentisch liegen zu lassen, hat mir auch keinen Spaß
gemacht.  Das hat einfach der
Krieg erfordert.
Ich werde eine
jahrelange Therapie machen müssen, um alles zu verarbeiten, was ich Deiner
Familie und Deinem Volk aufgrund meiner soldatischen Pflicht und Ehre antun mußte.
So oft habe ich mir gewünscht, ich könnte einfach verschwinden.
Aber dann kam mir halt mal so ein
Fußgänger ins Visier, und ich hab meine Tränen weggewischt und ihm den Schädel
weggepustet. Wenn Du bloß wüßtest, wie schmerzhaft mein Los ist!

Ein bescheidener Vorschlag

Es wird in
medialen wie politischen Kreisen seit geraumer Zeit viel über die „Übernahme
größerer Verantwortung“ in der internationalen Gemeinschaft gesprochen. Der
Klarheit sowie der Vereinheitlichung der Rechtssprache halber sollte der
Bundestag folgende redaktionelle Anpassungen geltender Rechtsvorschriften in Erwägung ziehen:

Art. 26 I
Grundgesetz:

(1) Handlungen,
die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche
Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Übernahme internationaler
Verantwortung
vorzubereiten, sind verfassungswidrig. Sie sind unter
Strafe zu stellen.

§ 80
Strafgesetzbuch

Vorbereitung einer internationalen
Verantwortungsübernahme

Wer eine internationale
Verantwortungsübernahme
(Art. 26 Abs. 1 des Grundgesetzes), an dem die
Bundesrepublik Deutschland beteiligt sein soll, vorbereitet und dadurch die
Gefahr eines Krieges für die Bundesrepublik Deutschland herbeiführt, wird mit
lebenslanger Freiheitsstrafe oder mit Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren
bestraft.

§ 80a StGB

Aufstacheln zur internationalen
Verantwortungsübernahme

Wer im räumlichen
Geltungsbereich dieses Gesetzes öffentlich, in einer Versammlung oder durch
Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) zur internationalen
Verantwortungsübernahme
(§ 80) aufstachelt, wird mit Freiheitsstrafe
von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.