Es gibt Meldungen, da wird einem so richtig schwarz vor Augen. Und dann gibt es wieder andere Meldungen, bei denen es einem ganz schön hell vor Augen wird. Da geht auf einmal ein Licht auf, und urplötzlich lösen sich Gordische Knoten von allein.
So eine Meldung ist mir heute übern Weg gelaufen. Seit geraumer Zeit wird gern und oft von bildungsfernen Schichten und von Unterschicht geredet, und zwar vor allem von denjenigen, die seit Jahrzehnten sozialpolitisch für die Entstehung eben dieser Schichten gesorgt haben, und jetzt auf einmal merken: „So geht es nicht mehr weiter!“
Ein solcher sozialopolitischer Dr. Frankenstein ist der Gunnar Heinsohn. Erschrocken hat er die lange herbeigesehnte Massenarmut zur Kenntnis genommen. In einem geisttötend schwachsinnigen Gastbeitrag in der FAZ ist er zum Schluß gekommen, daß man Maßregeln verhängen muß, die Geburten verhindern sollen, damit die „Frauen der Unterschicht“ ihre Schwangerschaften nicht mehr „als Kapital ansehen“ (§ 6 I Nr. 4 Völkerstrafgesetzbuch nennt das „Völkermord“). Angehörigen des moralischen Prekariats wie Heinsohn bereiten auch die „bildungsfernen Schichten“, die einzigen, die ihm zufolge „eine demographische Zukunft“ haben (und später sogar gute Aussichten, in der FAZ zu gastieren) offenbar auch viele schlaflosen Nächte. Wenn aber sein Vorschlag, die Sozialhilfe künftig auf fünf Jahre zu begrenzen, Politik wird, wird auch das Problem aus der Welt geschafft. Unterernährung führt ja schließlich zu Fehlgeburten.
Ich hatte mich schon lange gefragt, ob Völkermord zur Lösung dieser Probleme wirklich nötig sei, als ich heute einen SPIEGEL-Artikel sah, in dem es um den Umgang der Hartz-IV-Behörden mit Schülern aus erwerbslosen Familien ging. Im Artikel wird über zwei typische Beispielfälle berichtet. Eine 16jährige aus dem Ruhrgebiet wird vom Jobcenter aufgefordert, ihre Schulzeugnisse vorzulegen. Unter Androhung existenzvernichtender Sanktionen (Hartz IV kennt schließlich keine anderen) wird sie aufgefordert, einen Ausbildungsplatz zu suchen, obwohl sie sich erfolgreich an der Berufsschule beworben hatte (Zielberuf: technische Mediengestalterin). Eine 16jährige aus Hessen mit einem Notendurchschnitt von 1,6 soll aufs Gymnasium verzichten und lieber über eine Ausbildung nachdenken. Man kann das irgendwie schon verstehen: Die Bundesagentur für Arbeit veranstaltet – extra für sie – die Messe der Hausmeister von morgen, und diese bücherfressenden Rabenmütter in spe wollen gar nicht hin. Welcher Undank!
Zur Doktrin der Hartz-IV-Behörden gehört offenbar, das Bildungsniveau der Kinder der ehemals Werktätigen auf ein Mindestmaß zu begrenzen. Schließlich würden berufliche oder gar universitäre Qualifikationen die verlangte Eingliederung in die aufregende Welt der Sanitärbereichsreinigungsfachkräfte und Haustiernebenproduktentfernungsspezialisten nur erschweren. Hat doch die von der Leyen gesagt, daß es besser ist, „aktiv zu sein“ und Scheiße wegzuräumen, als zu Hause rumzusitzen und irgendwelche blöden Bücher zu lesen. Und recht hat se – welche Relevanz könnten Marx und Luxemburg und wie die alle heißen für die Kinder heutiger Hartz-IV-Empfänger haben? Aber wirklich!
Und da mußte ich einfach wieder an den lieben Doppeldoktor Heinsohn denken. „Bildungsferne Schichten“ haben Hochkonjunktur, und die Sozialbehörden der Republik verlangen von SchülerInnen, sie sollen auf eine ihren Fähigkeiten und Zielen angemessene Bildung verzichten, um möglichst mit 16 schon putzen zu gehen. Da es nun mal der SPIEGEL ist, werden diese beiden Fäktchen miteinander nicht in Verbindung gebracht.
Wenn alle nur 1,- € spenden würden, die „Was darf die Satire“ gelesen haben, wäre das Ziel erreicht!
Wie bereits unlängst angekündigt, bin ich dabei, mein erstes Buch – Reunion / Wiedersehen – vorzubereiten. Dabei handelt es sich bekanntlich um einen Reisebericht, für den ich durch sieben europäische Länder, v.a. aber durch die BRD, reisen werde, um verschiedene Städte zu besuchen, mich mit AktivistInnen verschiedener Couleurs zu unterhalten, und hinterher darüber zu schreiben.
Da es für unbekanntere AutorInnen immer schwerer wird, ihre Werke bei den größeren Verlagen unterzubringen und die kleineren Verlage häufig nicht in der Lage sind, ein Buch zu promoten, werde ich das Buch selbst verlegen. Dadurch wird auch garantiert, daß ich inhaltlich freie Hand behalte.
Dies bedeutet jedoch, daß ich auf Kostenvorschüsse und dgl. verzichte. Deshalb wird das Projekt zum großen Teil über meine Übersetzungs- und Lektoratstätigkeit finanziert. Um das Projekt zu verwirklichen, brauche ich jedoch auch die Hilfe meiner geschätzten LeserInnen im Rahmen einer sogenannten „Crowdfunding“-Aktion.
Crowdfunding heißt, daß ein Projekt mit vielen kleineren Spenden eines größeren Personenkreises finanziert wird. Die Spenden können über meine Projektfinanzierungsseite auf Indiegogo.com, oder aber direkt auf mein PayPal-Konto (elise . hendrick AT gmail . com) überwiesen werden.
Insgesamt möchte ich etwa 4800 € (USD 5770) zusammenkriegen. Die absoluten Mindestkosten setzten sich aber wie folgt zusammen:
Kosten:
Hin- und Rückflug New York-Frankfurt: etwa 600 €
Eurail-Monatskarte: 822 €
Fahrkarten für Polen: etwa 200 €
Kost & Logis für rd. 30 Tage: 1000 €
INSGESAMT: 2622 €
Bisher ist es mir gelungen, Spenden in Höhe von umgerechnet EUR 111 zu sammeln. Die Gesamtsumme scheint zwar recht viel zu sein, aber wenn etwa 100 LeserInnen jeweils EUR 20,- spenden, wäre das Ziel beinahe erreicht. Wenn etwa 200 LeserInnen jeweilsEUR 10,- spenden, wäre das auch schon EUR 2000.
Und wenn alle nur 1,- EUR spenden würden, die meinen Aufsatz „Was darf die Satire?“ bisher gelesen haben, wären das insgesamt über 3000,- €.
Der satirisch-introspektive ReiseberichtReunion (voraussichtliches
Veröffentlichungsdatum der englischsprachigen Ausgabe: Mitte Januar 2011) wird mich auf einer Reise durch
Deutschland, Polen, Österreich, Italien, Spanien, Frankreich und
Tschechien begleiten, wobei ich nach 10jähriger Abwesenheit vom Kontinent die
Bekanntschaft mit vertrauten Orten erneuern und Orte explorieren werde, die ich bislang nicht kennengelernt habe. 30 Tage lang werde ichverschiedene Städte besuchen, mir die örtlichen Infoshops, Antiquariate, Nahrungsquellen und politischen Brennpunkte ansehen und mich mit alten FreundInnen, AktivistInnen und sonst allen unterhalten, die mir über den Weg laufen.
Das Vorwort zu Reunion, das
von einer surrealen Reise von München nach Berlin im Dezember 1996
erzählt, erschient als Serie auf der Projektseite.
Wer mitmachen will…
Wer zur Finanzierung des Projekts etwas spenden will oder im Voraus ein
Exemplar zum ermäßigten Preis von USD 12,- kaufen will, kann das hier tun. Ebenfalls wäre ich an Tipps interessiert, was ich mir in den jeweiligen Städten unbedingt mal ansehen sollte oder was sonst alles interessant sein könnte. Wohlgemerkt: "Interessant" ist nicht gleichbedeutend mit angenehm. Auch an interessant-beschissenen Tipps wäre ich natürlich interessiert.
Kommentare deaktiviert für Mein neuestes Projekt – „Wiedersehen – ein Reisebericht“
In writing The Tacitus Principle, I deliberately refrained from addressing the issue of resistance on board the Mavi Marmara, save to point out the questionable reliability of the videos disseminated by the Israeli military and to discuss – in the abstract – the legal rights of those on board and of the state whose flag the ship was flying. This I did because there was, at the time, no direct testimony from the Mavi Marmara passengers on the subject. As such, I declined to accept an Israeli narrative that I – amongstmany others – have shown to be hopelessly full of holes, internal contradictions, and outright lies.
We now know – and have known for some time – that the passengers on the upper deck of the Mavi Marmara did indeed use the paltry means at their hands to resist an armed onslaught against a ship full of sleeping, defenceless people. Believing – not unreasonably – that the objective of the Israeli attack, which, in its violence, far exceeded any prior response to an attempt to break the blockade of the Gaza Strip, was to kill everyone on board the Marmara, they succeeded in disarming two soldiers and in putting up fierce resistance against those who followed. In the course of the attack, at least nine and as many as twenty of their comrades were murdered.
Some have seen fit to condemn those who decided – having seen one comrade killed before the Marmara was boarded – to echo Malcolm X’ view that “I don’t call it violence when it’s self-defence; I call it intelligence”. Typical of this view is Matthew Taylor’s piece on MondoWeiss, in which he bemoans the lack of “discipline” of those who decided to defend themselves. “Had the soldiers been firing live ammunition?” he asks, quoting Prof. Michael Nagler, “The point is that even if they were – while terribly difficult – the passengers could have resisted nonviolently by refusing to comply with the soldiers’ demands without making any attempt to injure them.”
To this perspective, Taylor adds a complete misrepresentation of the events of the 1999 Seattle WTO protests, and the following remark:
On a deeper level, the true power of nonviolence to persuade the oppressor is unleashed with a commitment to pursue acts of courageous love (not just "not being violent"). For example, the Civil Rights Movement activists who sat in at the lunch counters, rode the buses, and registered voters never backed down, and nonviolently resisted the oppressors without demonization or rancor, but with a desire to win over those afflicted with racist views.
This quote handily sums up the problem inherent in the views of Taylor et al. Nonviolent action aims at persuading the oppressor or the onlookers. It is a tactic that seeks to change "hearts and minds" by "melting the hearts" (Gandhi) of those who would seek to tread on us with their boots. To apply a technique for winning hearts and minds to a situation in which the aggressor is already spilling blood and brains is, to say the least, questionable. To sit in front of a computer in the safety of an air-conditioned room and scold others for doing otherwise, however, is nothing short of contemptuous. To demand, further, that people make that decision not only for themselves, but for others who have no input into it, is, in a word, criminal.
Taylor tacitly acknowledges the preposterousness of his remarks when he describes them as “Monday-morning armchair Quarterbacking". But even in this acknowledgement, he manages to miss the point: This wasn’t a fucking game. When an Israeli soldier kills you, you die for real.
Consider the feasibility of those options on the Mavi Marmara. Could the passengers rely on appealing to the conscience of Israeli commandoes while they were firing bullets at the activists? Taylor thinks so: “the true power of nonviolence to persuade the oppressor is unleashed with a commitment to pursue acts of courageous love.” This seems wooly to me. […] “The point is that even if they were – while terribly difficult – the passengers could have resisted nonviolently by refusing to comply with the soldiers’ demands without making any attempt to injure them,” is ridiculous. When someone is shooting at you and your friends, you must disarm them, and probably use violence to do so. If you can’t disarm them, you must use violence to stop them from shooting, one way or another. The demand a bullet entering your skull makes on you is for you to die, and if there is a way to “refuse to comply” with that demand, Taylor and Nagler should fess up quick. (emphasis added)
The persuasion stage ended the minute the soldiers killed the first passenger (before they even boarded). From that moment on, the few people on the Mavi Marmara who were awake and in a position to act were faced with a stark choice: Do we hope that they will go easy on us, and run the risk that they’ll kill us all given the opportunity, or do we do everything in our power to show them it’s not worth trying? In insisting that they choose option A, Taylor and his ilk are demanding that they put their would-be murderers’ lives above their own and those of the hundreds of defenceless people on board.
As I discussed in detail in The Tacitus Principle, there is no question that the passengers of the Mavi Marmara had the legal right to resist the Israeli attack using proportionate force. This, however, does not tell us whether it is the right decision. It is, technically, true that the Seattle demonstrators had the legal right to self-defence against the police officers who bloodied them without legal justification. From a legal standpoint, they would be using proportionate force against an immediate, unlawful danger to their lives and physical integrity and those of others.
However, the real question is tactical in nature: What would the likely consequences have been had the demonstrators used force in self-defence? Most likely, they would have been even further demonised by a press that was happy to reverse the chonology in order to blame them for the violent acts of the police, and the matter would have escalated, leaving demonstrators dead and dying, rather than wounded and unlawfully arrested. Their legal arguments, valid though they would have been, would never have been heard in court.
In these circumstances, the likely consequences of violent self-defence made it an immoral choice quite independently of the legalities.
Moving to the other extreme of the spectrum, let us look at a situation in which those involved were confronted with the near-certainty of death: the Warsaw Ghetto Uprising. It is important to remember that the goal of the Uprising was not to hold off the Nazis and their Trawniki henchmen; the organisers of the uprising recognised from the start that they would eventually be killed either by bullets and grenades or by gas. There was no use trying to “melt the hearts” of heavily armed killers, whose only mission was to ensure that not a single one of them was left alive. Persuasion was not an option. For them, the only question was whether to give their lives away for free, or to exact the highest possible cost from their murderers. They chose option B, and held the Waffen-SS at bay for weeks. Their fierce, violent resistance, as Max Ajl notes in his piece, is celebrated even today.
When someone asserts, as Taylor and Nagle have done here, that there is something fundamentally wrong with responding to deadly force with non-lethal force, the burden is squarely on them to explain what, exactly, the alternative was. While he does not address the Warsaw Ghetto Uprising case in his piece, it seems clear that Taylor does not draw any bright line between being potentially beaten up and arrested (Seattle) and being, in all probability, killed (Mavi Marmara, Warsaw Ghetto Uprising).
If he would agree that violent resistance in self-defence is appropriate in a case like the Warsaw Ghetto, the burden is on him to explain how he distinguishes the level of deadly force the ŻOB was facing from the degree of deadly force the passengers and crew of the Mavi Marmara were facing. Why, in other words, was a violent response warranted in the Warsaw Ghetto, but not on the Mavi Marmara? There is no fundamental, qualitative difference here. In both cases, people were facing at least probable death at the hands of trained killers. If he accepts violence in the one case, but not in the other, then, his only principled basis is the probability of death. At what level of probability can deadly force be met with force? Does it have to be virtually 100%, as in the Warsaw Ghetto Uprising? Or is a greater-than-50% probability sufficient? At what point, in Taylor’s eyes, does the reasonable fear of being killed justify doing something to prevent it?
Let us now suppose that Taylor (et al.) is as quick to condemn a violent response in Warsaw Ghetto as he was to condemn the violent, but non-lethal response to the deadly Israeli attack on the Mavi Marmara. In this case, if he wishes to project even a faint modicum of seriousness, Taylor must provide an alternative. What could the Jews of the Warsaw Ghetto do? What response would, to Taylor, be appropriately nonviolent, while maximising their chances of surviving?
As happy as he is to lecture, Taylor has no more answers to this question than he does to the question at hand: What should the people on board the Mavi Marmara have done in response to a murderous attack that had already killed one of their fellows? To the extent that he answers this – painfully obvious – question at all, it is with platitudes about “nonviolently [resisting] the oppressors without demonization or rancor, but with a desire to win [them] over”, “refusing to comply" with the demands of soldiers who were firing live ammunition at them, and the frankly bile-curdling admonition to practice “courageous love", and vaguenesses about how “the resisters’ actions are not dictated by the oppressors’ actions.”
Bullshit.
If someone is trying to kill you, your reaction will almost certainly be dictated by that fact, assuming that you have the normal human instinct of self-preservation. If someone is trying to kill your comrades (especially if they are defenceless), your reaction will just as certainly be dictated by that fact, if you have even the slightest sense of solidarity. Your action will be to do what seems necessary and suitable to preserve your own life and those of your comrades. If you can get the gun out of the would-be murderer’s hand, you do it. If you can get your comrades out of harm’s way, you do it. If you can run and hide, you will run and hide. If there’s a reasonable chance that calling for help could save you, you call for help.
The people on board the Mavi Marmara had nowhere to run.
They had nothing but hundreds of miles of sea, blocked on all sides by Israeli warships. They were cornered.
They had no way to call for help. The Israeli military was jamming their communications equipment. They were helpless and alone, and surrounded by people who were shooting to kill.
In the last verse of his song זאָג ניט קיינמאָל, Zog nit keynmol ("Never say…"), which became the anthem of the Jewish partisans, Hirsch Glick writes:
דאָס ליד געשריבן איז מיט בלוט און ניט מיט בלײַ,
ס´איז ניט קיין ליד פֿון אַ פֿויגל אויף דער פֿרייַ.
דאָס האָט אַ פֿאָלק צווישן פֿאַלנדיקע ווענט,
דאָס ליד געזונגען מיט נאַגאַנעס אין די הענט.
Dos Lied geschriebn is mit Blut un nit mit Blei.
S’ is nit keyn Lied fun a Foigl oif der frei;
Dos hot a Folk zvischn falendike Vent,
Dos Lied gezungen mit Naganes in die Hent.
This song was written with blood, not with lead;
It isn’t the song of a bird flying free.
It was people with weapons in their hands
Who sang this song as the walls came crashing in.
Glick’s point is as elementary as it is beautifully expressed. The sentiments of Zog nit keynmol were not written at leisure, in a time of calm contemplation, by a foigl oif der frei (a bird flying free). They were written in a time of extreme and imminent danger, when the only options available ranged from bad to intolerable. Things rarely look the same to a foigl oif der frei like Taylor as they do to people facing the real prospect of death.
Taylor, and the others who would presume to utter platitudes in the face of murder, would do well to keep this in mind.
In criminal law, a defendant who admits having done something that is generally a crime has two basic types of defences (“affirmative defences”) available. The first is what is known as an excuse. It does not deny that the act was wrongful, but offers reasons why the defendant should not be punished in this case. The second is known as justification. It argues that the act was not wrong at all, that it was instead entirely appropriate and acceptable under the circumstances.
There is no need to linger on a defence of excuse. It not only does a disservice to the Marmara resisters and the cause they risked their lives for – it insults the intelligence of anyone reading to suggest that there was anything at all wrong with what they did.
In The Tacitus Principle, I explained that any violent resistance by the passengers of the Mavi Marmara would fall within self-defence, a justification. While this is the legal category their actions fall into, I am not content to argue that the Marmara resisters were blameless. This is obvious. Instead, I would go far as to say that their actions are worthy of praise. Indeed, the way the people on board the Mavi Marmara responded to the Israeli attack should go down in history as an example of how one can resist murderous violence without losing one’s humanity.
If they had merely risked their lives to protect their comrades and to help the besieged people of the Gaza Strip, dayenu. If they had merely taken whatever they could find in order to defend their ship and its sleeping passengers against a midnight onslaught, dayenu.
If they had done only those things, they would be deserving of the highest praise.
However, we know that they did more. From eyewitness testimony, corroborated by the footage that Iara Lee and her camera crew were able to smuggle off of the Mavi Marmara, we know that they not only protected the two disarmed commandos from the cameras of the press; they even used their extremely limited resources to give these people who came to harm them basic medical care.
They did this even as they were sending out a distress call by loudspeaker to the Israeli Navy, announcing their surrender and pleading with the Israelis to provide medical assistance to several people who were bleeding to death. They did this even though the Israelis opted to let their comrades die when they had nothing to lose from saving their lives.
There is no reason to be evasive, or to qualify our defence of the people who tried to protect their ship and comrades from the fourth most deadly army in the world with sticks and stones. There is no need to concede when we are told that they betrayed what some people misguidedly believe to be an absolute principle of nonviolence. The Mavi Marmara resisters did the right thing, and some of them died doing it. In so doing, they forced the suffering of the Gaza Strip, long ignored by articulate opinion, onto the front pages. When the NBC Nightly News calls Gaza a “prison”, when ambassadors are withdrawn from Israel, when country after country announces its intention to send more ships to Gaza, when Turkey commits its navy to protect them, we should remember who we have to thank for it. If the Mavi Marmara had gone quietly and not responded to Israel’s live fire, none of this would have happened. This batch of ships would have been ignored just as surely as the previous ones were.
The resisters of the Mavi Marmara do not need us to defend them. They deserve our unwavering praise.
If there is one piece of ancient wisdom that has never lost even a bit of its validity over the centuries, it is Cornelius Tacitus‘ axiom that, “Crime, once exposed, has no refuge but in audacity.” Indeed, this appears to be the underlying principle of the US-Israeli PR campaign that has been launched in the wake of the almost universally condemned Israeli commando raid on the unarmed Gaza Freedom Flotilla, which carried aid to the Gaza Strip in an effort to break the siege that has strangled the 1.5 million people there since 2007.
Manche wissen einfach nicht, wann sie endlich aufgeben sollen. Zu diesem ziemlich großen Personenkreis gehört neben dem selbstvernichtungsfreudigen Spätrömer Guido Westerwelle offenbar auch die Staatsanwaltschaft Nürnberg.
Wohl viele werden sich daran erinnern, daß sich nach der – von der Gutgläubigkeit der Dresdner Justiz begünstigten – ruchlosen Mordtat an Marwa El-Sherbini außer dem Mörder selbst nur für eine Person strafrechtliche Konsequenzen ergeben haben: Dr. Sabine Schiffer vom Erlanger Institut für Medienverantwortung. Sie hat nämlich vermutet, daß nicht der Täter, sondern der nothilfeleistende Ehemann des Opfers „sicherlich aus rassistischen Gründen“ angeschossen wurde. Sowas darf es nun wirklich nicht geben.
Nach einer peinlichen Niederlage vor dem Amtsgericht Erlangen, bei dem klar wurde, daß die werte Frau Staatsanwältin vom Verfahrensgegenstand keine Ahnung hatte und stattdessen auf eine merkwürdige zeitgeschichtliche Argumentation (Rufschutz für Polizisten als Konsequenz der [nicht zuletzt polizeilich durchgesetzten] NS-Gewaltherrschaft) pochte, hat sie sich nicht etwa bei der freigesprochenen Dr. Schiffer entschuldigt, wie es sich eigentlich gehört hätte. Nein, sie hat stattdessen lieber Revision eingelegt.
Die Revisionsbegründung wollen wir uns jetzt mal näher ankucken.
Zunächst einmal heißt es, das Amtsgericht sei zu Unrecht davon ausgegangen, daß es sich beim angegriffenen 4-Wort-Halbsatz um eine Meinungsäußerung handele. In diesem Zusammenhang habe das Amtsgericht „nur das Wort ‚sicherlich’“ (auf das die Staatsanwaltschaft erstinstanzlich selbst abgestellt hat!) betrachtet.
Wie man mit Füllwörtern bastelt
In erster Instanz hat die Staatsanwaltschaft bekanntlich andere Bedeutungen des Wörtchens „sicherlich“ als die von ihr aus offensichtlichen Gründen bevorzugte verstärkende Variante ignoriert. In der Revisionsbegründung räumt die StA immerhin ein: „Dem Amtsgericht Erlangen ist insoweit recht zu geben, als das Wort „sicherlich“ für sich genommen nicht nur verstärkend, sondern auch abschwächend verwendet werden kann.“ In diesem Fall sei es jedoch „zur Verstärkung“ eingesetzt worden, und zwar deshalb, weil in syntaktisch ganz anderen Satzteilen „die sogenannten Füllwörter „ja“ und „auch noch“ verwendet wurden“ und dem mehrteiligen Satz die Wörter „Und zwar ist Folgendes passiert“ vorangegangen seien.
Bevor wir mit der Sektion beginnen, wäre es sinnvoll, die ganze Äußerung zu betrachten:
„Und zwar ist Folgendes passiert: Der Vertreter der Muslime und der Vertreter der Juden, die sind zusammen nach Dresden gefahren, und haben den Mann, den überlebenden Mann, der ja versucht hat, seine Frau zu retten und sicherlich aus rassistischen Gründen von einem Polizisten auch noch angeschossen wurde…“ (Hervorhebung der StA)
Für die Staatsanwaltschaft macht es allem Anschein nach keinen Unterschied, wo diese Verstärkungsfüllwörter überhaupt untergebracht werden.
(1) Und zwar ist Folgendes passiert:
(2) Der Vertreter der Muslime und der Vertreter der Juden, die sind zusammen nach Dresden gefahren
(3) und haben den Mann
a. den überlebenden Mann
b. der ja versucht hat, seine Frau zu retten
c. und
i. sicherlich aus rassistischen Gründen
d. von einem Polizisten auch noch angeschossen wurde.“
Subjekt dieser Äußerung sind die Vertreter der jüdischen und muslimischen Glaubensgemeinschaften. Objekt ist „der überlebende Mann", dem die beiden einen Besuch abgestattet haben. Dieser hat „ja versucht“, seine Frau zu retten, und wurde „auch noch angeschossen“. Das einzige eindeutige Verstärkungsfüllwort – „ja“ – bezieht sich offensichtlich auf das Verb „versuchen“, also auf die völlig unbestrittene Tatsache, daß er „ja versucht hat, seine Frau zu retten“.
Bei „auch noch“ wird’s noch problematischer. Die Staatsanwaltschaft Nürnberg, die ja erstinstanzlich die andere naheliegende Deutungsmöglichkeit des Wörtchens „sicherlich“ (d.h. als Vermutungskennzeichen) gar nicht erst erwähnt hat, versucht jetzt auch noch, uns eine nicht gerade naheliegende Deutung von „auch noch“ unterzujubeln. Es ist ja ziemlich eindeutig, daß „auch noch“ in dieser Äußerung kein bloßes Verstärkungspartikel ist, sondern etwa „zu allem Überfluß“ bedeuten soll. Z.B.: Der Mann leidet ja unter dem Verlust seiner Frau, und, als ob das nicht genug wäre, ist er zu allem Überfluß angeschossen worden. Und worauf bezieht sich dieses „auch noch“? Auf die völlig unbestrittene Tatsache, daß der Mann angeschossen wurde.
Der Polizist kommt erst in einem Neben-Nebensatz vor, dessen Subjekt der überlebende Mann ist. Im Gegensatz zum Ja und Auchnoch, die sich auf unstrittige Tatsachen beziehen, bezieht sich das Sicherlich auf etwas, was offensichtlich (wenn überhaupt!) nur ein Mensch auf der Welt mit Sicherheit wissen kann, und zwar auf die bewußten bzw. unbewußten geistigen Voraussetzungen, unter denen er sich in einer uneindeutigen Situation spontan für ein Schußziel entschieden hat.
Sicherlich weiß der „unbefangene Durchschnittsempfänger“, daß kein Mensch (egal, wieviele Staatsexamina er bestanden haben mag) in der Lage ist, Gedanken zu lesen. Im Gegensatz zu manchen Staatsanwälten ist ihm die Fähigkeit zuzutrauen, zwischen Tatsachen und Deutungen zu unterscheiden. Wer wann angeschossen wurde, ist – zumindest rein theoretisch – eindeutig feststellbar. Wer wen wann besucht hat, ebenfalls. Um aber glauben zu können, eine Medienwissenschaftlerin, die offenkundig nicht einmal dabei war, würde bei einer außer durch allgemeine Bemerkungen über das islamfeindliche Klima der Gesamtgesellschaft nicht weiter vertieften nebennebensätzlichen Äußerung über die Gründe eines Fehlschusses eine Tatsache feststellen, auf die er sich ohne weiteres verlassen könne, müßte dieser Durchschnittsempfänger schon so bescheuert sein, daß er den Satz gar nicht erst begreifen könnte.
Die Staatsanwaltschaft Nürnberg kann nur hoffen, daß ihre Ausführungen in der Revisionsinstanz einem solchen Unterdurchschnittsempfänger begegnen.
Die Staatsanwaltschaft, die Medienwissenschaftlerin und der kleine Hopser
„Aus Sicht eines objektiven Empfängers, der das Interview der Angeklagten vom 15.07.2009 unbefangen hört oder liest, ist die Äußerung der Angeklagten betreffend die Schussabgabe dahingehend auszulegen, dass die Tatsache behauptet wird, dass der Polizeibeamte aus rassistischen Gründen auf den Ehemann der Getöteten geschossen hat.
Damit hat die Angeklagte dem Polizeibeamten ein – milde ausgedrückt – unehrenhaftes Motiv bei der Schussabgabe unterstellt.
…
Die von der Angeklagten behauptete Tatsache ist darüber hinaus geeignet, den Polizeibeamten in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen oder diesen verächtlich zu machen. Die Angeklagte stellt die Behauptung auf, dass das Motiv für die Schussabgabe rassistisch gewesen ist.“
In seinem Aufsatz Von den Kränzen, der Abtreibung und dem Sakrament der Ehe, schreibt Kurt Tucholsky: „Die Kirche beweist alles, was sie anordnet, mit der schärfsten Logik, es stimmt scheinbar alles, Schritt für Schritt, Stufe für Stufe – und wenn sie am Ende der Kette angekommen ist, dann macht sie einen kleinen Hopser, der Denker beginnt zu fliegen und entschwindet den erstaunten Augen im Himmelblau.“
Schauen Sie sich die oben zitierte Passage aus der Revisionsbegründung noch einmal in Ruhe an. Haben Sie ihn schon gefunden, den kleinen Hopser? „Die Tatsache (wird behauptet), dass der Polizeibeamte aus rassistischen Gründen auf den Ehemann der Getöteten geschossen hat…Die Angeklagte stellt die Behauptung auf, dass das Motiv für die Schussabgabe rassistisch gewesen ist.“ (Hervorhebungen von mir)
In der angegriffenen Äußerung von Dr. Schiffer ist aber von Motiven keine Rede, sondern von „Gründen“. Sie hat nicht gesagt, daß der Beamte aus rassistischen Motiven den Ehemann des Mordopfers angeschossen hätte, sondern daß der Gatte „sicherlich aus rassistischen Gründen" angeschossen wurde.
Sollten sich an dieser Stelle manche denken, das sei doch nur juristische Haarspalterei (anders natürlich als die faszinierenden Ausführungen der Staatsanwältin zu den Füllwörtern), ist anzumerken, daß es zwischen Gründen und Motiven einen gewaltigen Unterschied gibt. Gründe können persönlich sein – und wenn Dr. Schiffer gesagt hätte, „Der Polizist hat den Ehemann des Opfers aus rassistischen Gründen angeschossen“ wäre diese Deutung sogar naheliegend – müssen es aber nicht. Gründe können vollkommen losgelöst von Menschen und ihren bewußten Gedankengängen existieren. Gründe können in der Luft schweben.
Motive liegen immer in der Person.
Zum Beispiel: Grund einer Erschießung können u.a. die physikalisch-chemischen Eigenschaften des Projektils und der Zündmechanismus sein. Die sind für das Tötungsgeschehen ursächlich – ohne sie hätte sich der Schuß selbst beim besten bzw. schlimmsten Willen gar nicht erst lösen können. Motiv ist jedoch der präzise, persönliche Grund, weshalb eine bestimmte Person diesen ganz konkreten Tötungsvorsatz gefaßt hat. Gründe kann auch eine versehentliche Handlung haben. Motive haben nur vorsätzliche Taten.
Mit diesem kleinen Hopser will uns die Staatsanwaltschaft eine grobe Entstellung der verfahrensgegenständlichen Äußerung unterschummeln. Der im Passiv gefaßte Halbsatz über die möglichen Gründe des Fehlschusses mutiert zu einer im Aktiv gefaßten Behauptung, die dem Polizisten vorsätzliches, rassistisch motiviertes Tun vorwirft.
Nur so kann die StA Nürnberg anschließend behaupten:
„Darüber hinaus liegt in dieser Behauptung der Vorwurf eines erheblich schuldhaften Verhaltens, eine gravierende Verletzung seiner Dienstpflichten als Polizeibeamter und damit auch eine erhebliche Herabwürdigung als Polizeibeamter und als Mensch, da auch die persönliche Integrität des Beamten in Frage gestellt wird.“
Das ist eine Ungehörigkeit, die eines ehrengerichtlichen Verfahrens würdig ist. Entweder weiß die Staatsanwältin wirklich nicht, daß es diese angebliche Behauptung so nie gegeben hat – dann sind die bayerischen Staatsexamina eindeutig zu leicht – oder aber, sie weiß ganz genau, daß die wirkliche Äußerung von Dr. Schiffer ganz anders aussieht, und hat deshalb vorsätzlich Passiv/Gründe gegen Aktiv/Motive ausgetauscht, um eine unhaltbare Behauptung glaubwürdiger erscheinen zu lassen (wie ihr Amtshandeln in dem Fall zu beurteilen wäre, sei den Lesern überlassen).
Dieser Hopser ist aber nichts gegen den Weitsprung, der jetzt kommt:
„Insbesondere vor dem geschichtlichen Hintergrund bedeutet diese Behauptung eine Herabsetzung des eingreifenden Polizeibeamten auf die unterste sittlichste (sic) Stufe. Es ist für den Beamten in hohem Maße herabwürdigend, bezüglich seines Motivs (!) für die Schussabgabe in Verbindung gesetzt zu werden mit den Zielen bzw. Beweggründen, welche im Nationalsozialismus (!) vorherrschend waren bzw. hinsichtlich der Beweggründe für die Schussabgabe diesen gleichgestellt (!) zu werden. Eine schlimmere Herabwürdigung ist kaum denkbar…“
Stopp! Wo soll man hier überhaupt anfangen?
Nach Auffassung der StA Nürnberg ist es also besonders verwerflich, nach dem Bestehen rassistischer Einstellungen und Denkmuster in der aktuellen Gesellschaft zu fragen, weil diese „im Nationalsozialismus vorherrschend waren“. Ja, das war eine schreckliche Zeit, besonders für die Polizei. Wir erinnern uns alle lebhaft daran, wie im sog. Dritten Reich die Polizei immer wieder als Rassistenpack verfolgt wurde und bei jeder Gelegenheit als Sündenbock hinhalten mußte. Ein schlimmeres Los als die des Polizeibeamten im Nationalsozialismus ist sicherlich kaum vorstellbar. Daher auch die Parole: Nie wieder Polizeikritik!
Hat Sabine Schiffer irgendwas vom Nationalsozialismus gesagt? Hat sie auch nur nebenbei bemerkt, „Das ist ja genau so wie damals!“ Wenn nicht, was soll denn diese Behauptung, daß sie den Polizisten "hinsichtlich der Beweggründe für die Schussabgabe (den im Nationalsozialismus vorherrschenden Zielen und Beweggründen) gleichgestellt" habe? „Rassistisch (ist) gleichbedeutend mit ausländerfeindlich und fremdenfeindlich“, und jetzt soll das alles gleichbedeutend mit Hitler sein.
Das Denkschema sieht allem Anschein nach so aus:
(1) Schiffer hat gesagt, der Ehemann sei sicherlich aus rassistischen Gründen angeschossen worden. (2) Das heißt, daß der Polizist bestimmt aus rassistischen Motiven geschossen hätte. (3) Das heißt wiederum, daß er nicht nur Polizist, Polizeibeamter und Ordnungsbeamter, sondern auch noch „ausländerfeindlich und fremdenfeindlich“ sei, (4) und das waren die Nazis bekanntlich auch. Schlußfolgerung: Die Schiffer hat diesen armen Polizisten als Nazi beschimpft!
Darauf, ob Schiffer die Unwahrheit gesagt hat, wird hier überhaupt kein Wert gelegt. Dieser Frage wird ein einziger Satz gewidmet: „Dass die Behauptung, die die Angeklagte in ihrem Interview aufgestellt hat, nicht zu treffend (sic!) ist, folgt aus den Einstellungsgründen der Einstellungsverfügung im Ermittlungsverfahren gegen den Polizeibeamten.“ Erstens ist anzumerken, daß es inzwischen um eine Behauptung geht, die von Dr. Schiffer so nie aufgestellt wurde. Zweitens ist die Staatsanwaltschaft, die sich deshalb als „objektivste Behörde der Welt“ bezeichnet, nach § 160 II StPO verpflichtet, auch „die zur Entlastung dienenden Umstände zu ermitteln“.
Entlastend wäre hier auch die realitätsnähere Deutung vorzutragen, daß es um bewußtes, vorsätzliches, rassistisch motiviertes Tun gar nicht ging, sondern um die unbewußten psychischen Einflüsse medialer Sachverhaltsdarstellungen, insbesondere der tagtäglichen Hetze gegen Muslime in den Massenmedien (Schiffers Forschungsschwerpunkt). Wurde im Ermittlungsverfahren gegen den Polizisten auch danach gefragt? Wenn nicht, ist die Einstellungsverfügung irrelevant. Für die Staatsanwältin ist diese Einstellungsverfügung eine Heilige Schrift – sie darf weder in Frage gestellt werden, noch darf man ihr widersprechen. Quod non est in acta…
Gerade wenn man meint, unverschämter geht’s nicht mehr, kommt die StA mit folgender Behauptung daher:
„Die Angeklagte, als Leiterin des Instituts für Medienverantwortung, ist es gewohnt, mit Worten umzugehen und war sich der Bedeutung und Tragweite ihrer Äußerung bewußt.“
Diese Angehörige der „objektivsten Behörde der Welt“ ist es sicherlich gewohnt, mit Worten umzugehen (wenngleich ihr das mit der Rechtschreibung noch nicht so recht gelingen will), und kann wohl kaum behaupten, sie sei sich nicht über den gewaltigen Unterschied zwischen der tatsächlichen Äußerung der Dr. Schiffer und der in der Revisionsbegründung zurechtgebastelten Version bewußt gewesen. Für manche ist Ironie nicht nur im lexikalischen Sinne ein Fremdwort.
Für den Fall, daß das Hohe Gericht von dem, was sie bisher zum besten gegeben hat nicht gerade beeindruckt ist, greift die StA Nürnberg auf die Behauptung zurück, Schiffers Vermutung stelle eine Formalbeleidigung dar, d.h.
„die deutlich über eine angemessene Interessenwahrnehmung hinausgehende und für diese nicht erforderliche Herabsetzung, die sich aus der Form oder den Umständen ergibt.“
Das wahrgenommene Interesse besteht darin – dies sei hinzugefügt, denn in der Revisionsbegründung wird das mit keinem Wort erwähnt – die genauen Ursachen und Bedingungen des Polizistenfehlschusses, durch den immerhin ein eindeutig als Araber erkennbarer, völlig unschuldiger Mensch schwer verletzt wurde, aufzuklären. Dabei drängt sich – für die meisten unbefangenen Betrachter – die Frage auf, ob sich die tagtägliche Hetze über die terroristischen Moslems und die „stille Islamisierung“ und dgl. womöglich unbewußt auf die Deutung eines nicht ganz eindeutigen Sachverhalts in einer Streßsituation dahingehend ausgewirkt haben könnte, daß von einer Täterschaft des um das Messer ringenden arabischen Ehemanns ausgegangen wurde.
Dieser Frage ist Dr. Schiffer so schonend nachgegangen wie nur möglich. Sie hat den Polizisten nicht als Rassist bezeichnet und hat vom Gebrauch der in so einer Fallkonstellation naheliegenden Schimpfnamen („Rassistensau“, „Nazischwein“ oder dgl. – das wären Formalbeleidigungen gewesen) nachweislich Abstand genommen. Sie hat die so gekennzeichnete und sowieso eindeutig erkennbare Vermutung aufgestellt, der Fehlschuss könne „rassistische Gründe“ haben.
Wenn das schon eine Formalbeleidigung ist, dann macht sich jeder Rassismusforscher strafbar. Wie soll man den Rassismus schon erforschen, wenn man keinen finden darf?
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Herfried Münkler von der HU-Berlin hat im SPIEGEL – diesem sich ständig unterbietenden Glanzbeispiel der deutschen Quantitätspresse – endlich das geliefert, worauf ein ganz bestimmter Jahrgang der deutschen Generalität vergeblich wartete: Eine praktische Anleitung, wie man an der Ostfront siegen kann. Eine etwas weiter östliche Ostfront, aber Ostfront bleibt Ostfront, und es ist ja nie zu spät, Versäumtes nachzuholen.
Der tückische David heißt der Text, und darin wird ausführlich skizziert, wie man als fremde Besatzungsmacht dem einheimischen Widerstand den Garaus machen kann – wenn das der Führer gewußt hätte!
Aggressor zu sein, konstatiert Münkler, der diesen häßlichen Ausdruck tunlichst meidet und lieber von „Goliath“ redet, ist kein beneidenswertes Los. Man steht als schwer bewaffneter Migrant von irgendwelchen fremden Leuten umgeben, deren Sprache man nicht versteht, und die einen am allerliebsten gleich wieder loswerden möchten (das gebührliche Mitleid bringen diese tückischen Davids natürlich nie und nimmer auf). Schlimmer als der deutsche Soldat an der neuen Ostfront hat es kein abgeschobener Sinti.
„Eigentlich hatte Goliath schon verloren, bevor der Kampf begann, weil er eben Goliath war.
Immerhin hätte er präventiv handeln können: Argwöhnisch geworden, weil der Knabe zunächst im Bach nach Steinen suchte, hätte er antizipieren können, dass ihn ein Kiesel aus seiner Schleuder treffen und kampfunfähig machen könnte. Er hätte also, um dem zuvorzukommen, seinen Speer auf den Jugendlichen schleudern und ihn töten können. Doch dann hätte es geheißen, der Krieger Goliath habe ein unschuldiges Kind beim Spielen am Bach getötet. Das hätte nicht bloß sein Hässlichkeits-Image verstärkt, sondern ihn auch Ehre und Ansehen gekostet. Womöglich hätten sich sogar seien Kriegskameraden von ihm abgewandt(!!). Nicht als strahlender Sieger, sondern mit dem Odium des Kriegsverbrechens belastet, wäre er nach Hause zurückgekehrt.“
Hierbei ist vorsichtshalber anzumerken, daß das nicht satirisch gemeint ist. Der Münkler meint es wirklich ernst. Daß der Goliath das mit dem rechtswidrigen Überfall vielleicht besser gelassen hätte, fällt ihm natürlich nicht ein. Und Kriegsverbrecher zu sein, ist für ihn nur ein Image-Problem – das sind die erhabenen Werte des Abendlandes, die wir diesen primitiven Afghanern jetzt mühsam beibringen!
Ja, selbst dann, wenn man den Widerstand besiegt, schreibt Münkler mit rührendem Selbstmitleid, hat man ein (aus der Geschichte wohl bekanntes) „Legitimationsproblem“. Für die Bevölkerung ist man ja immer noch die fremde Besatzungsmacht, die ihre Landsleute umgebracht hat, und die Überlebenden der Gewalt käuflicher Massenmörder unterworfen hat, und zwar selbst dann, wenn man sich „Wohlwollen erkaufen“ will, indem man seinen Verpflichtungen nach dem 4. Genfer Abkommen durch die Errichtung einiger Schulen und Polykliniken teilweise nachkommt. Der Undank dieser wilden Ostvölker kennt wahrlich keine Grenzen.
Dafür hat Münkler jetzt die Lösung:
„Materielle Hilfe für die afghanische Bevölkerung muss konditioniert sein, verknüpft mit eindeutigen Loyalitätsbeweisen (sprich: Beweisen der Kollaborationsbereitschaft). Im Idealfall konkurrieren dann in einem Distrik die Dörfer, die sich dem Westen angeschlossen haben, mit denen, in denen die Gegner des Westens das Sagen haben."
Mit anderen Worten: Wir scheißen auf die Genfer Abkommen! Ärztliche und sonstige Grundversorgung kriegen nur die Käuflichen. Wer kollaboriert und denunziert, dem soll es einigermaßen gutgehn. Wer aber die Besatzung ablehnt, soll verrecken. „Es muss sichtbar werden, dass sich die Entscheidung für den Westen lohnt und die gegen ihn einen hohen Preis hat. Kopf und Seele kann man nur gewinnen, wenn der Leib etwas zu verlieren hat.“ Wenn man einen an den Eiern packt, folgen Kopf und Seele gleich danach, wie es der Stalin mal so schön auf den Punkt gebracht hat.
Münkler hat recht: Man muß aus den Fehlern der Vergangenheit lernen. Hätte sich damals die Kollaboration mehr gelohnt, wäre die letzte deutsche Goliathkampagne vielleicht anders ausgegangen.
Käuflichkeit muß sich wieder lohnen! Nur so kann Münklers demokratischer Verfassungsstaat verhindern, daß sich die Geschichte wiederholt.
They think Obama’s a socialist. They think climate change is a hoax. They think that Obama’s a Muslim, and that all Muslims are out to get us. A lot of them think the Earth was created sometime before last Tuesday by a magic invisible man who forgot to mention dinosaurs in his history of the universe. Some of them still think Iraq had weapons of mass destruction. They believe that Obama is a foreign-born Manchurian candidate who wants government “death panels” to decide whether their great aunt gets the operation she needs. They can’t tell the difference between Hitler and the Soviet Union. And they think that all their problems are due to a combination of liberal “socialists”, immigrants, uppity women and minorities, and the Homosexual Agenda. In short, they believe a whole lot of stupid bullshit.
They see their salvation in multimillionaire con artists like Rush Limbaugh and soap opera melodramatist demagogues like Glenn Beck. And every time that the protofascist Sarah Palin says something that makes us long for the eloquence and erudition of George W. Bush, they applaud her even more for enduring the ridicule of the educated classes.
It’s hilarious stuff. Really priceless. But don’t laugh too long, because if the followers of Beck and Palin ever come into any real power, these will be the stormtroopers who burn down mosques and shops suspected of being Muslim-owned, who break the windows of GLBT community institutions and lynch those inside. They’ll be the ones looting gynaecologists’ offices and that independent feminist bookstore you get your copy of Bitch from.
Ha, ha. How entertaining – and if it comes to pass, we will only have our own arrogance, laziness, and tactical stupidity to blame.
They are pissed off, and as much as many of us seem to regard anger as scary and uncouth (preferring, apparently, an attitude of detachment that borders on ennui) – they have every reason to be pissed off. Their jobs have disappeared, their wages have stagnated, their benefits have been plundered, their communities have been decimated, and their kids are probably going to be even worse off than they are. And the politicians, the Times, and the Post would have them believe they’re living in unparalleled prosperity.
They believe a lot of crazy, stupid shit. Of course they do – they wisely don’t trust the mainstream of the corporate media – and the only source they know of that even begins to acknowledge that they have a reason to be angry and scared are fundamentalist hustlers and far-right propaganda outlets like FOX News, Vdare, and talk radio. People are only as smart as the information they have access to. And who’s talking to them every day, empathising with their rage, and giving them a framework – loony as it may be – to understand it? Certainly not us. We laugh at their misspelt signs and bizarre theories, and feel so much smarter, whilst we abandon them to the tender mercies of the Beck-Limbaugh-Palin Gang.
A history lesson is in order here. The Nazis didn’t need a majority to come to power; they just had to make an electoral showing strong enough that the mainstream right had to govern with them in order to govern at all. Goebbels’ propaganda – diabolically brilliant though it was – didn’t achieve that result alone. He was aided by a “Social-Democratic” Party that had sold its working-class base down the river, a Communist Party that took its marching orders from Russians who had no understanding of German politics, and a left that ignored the countryside, preferring the safety of the cities, where they could preach to the choir. In this setting, Hitler,–who was bankrolled by rich industrialists and the deposed Hohenzollern nobility – could plagiarise Left issues and offer distorted versions of Left solutions – and win over the working class and the petite bourgeoisie as the only party that had not (yet) sold them out.
Every fascist success is also a Left failure.
What there is of a Left in the United States suffers from chronic amnesia. There is no real continuity between the struggles and organisations of one generation and the next. We start from scratch every time, and occasionally succumb to the illusion that a few good mass demonstrations and direct actions are all that is needed to have an effect on policy. We forget that there needs to be “someone operating the mimeograph machine”, as Noam Chomsky once put it, and that movement building means going to places where we’re currently absent, and talking to people who may not (at least initially) be happy to see us. These are lessons that the far right has learned. They have people going door to door, managing phone trees, and constantly talking to the people they’re looking to win over, strengthening the allegiances of the existing members and mining the prospects for new ones. They make sure that there isn’t a major issue of the day that people don’t hear their version of. Of course, they also have a bankroll fattened by the Scaifes, Coors, Schlaflys, and other sources of concentrated wealth with reactionary sympathies, a budget of which a real popular movement can only dream.
The Greek Left has passed down knowledge and insight from generation to generation – from the struggle against the Nazi occupation, to the struggle against the Allied-backed fascist-monarchist régime, to the struggle against modern state capitalism. Greece has a mass antiauthoritarian Left movement with real popular support (when the cops come after their demonstrators, people in the neighbourhood can be counted on to provide them with shelter).
We, on the other hand, have the Tea Party.
And a choice to make. Either we can continue to amuse ourselves with the latest idiotic sign or sublimely stupid claim, and chuckle to ourselves over the fact that these people have named themselves after the practise of dipping one’s scrotum in another man’s mouth, or we can start talking to the same people that they get their support from. Some of them are probably unreachable – dyed-in-the-wool, hardcore racists, fascists, and fundamentalists who won’t hear any argument, and who would be saying the same thing even if this society were run for the benefit of the working class and poor majority. Others are just there by default. How many of each there are is anyone’s guess, but if we are actually serious about creating a socially just, participatory society, we will not consider it an academic question.
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In seinem neuerlichen Beitrag im Online-Cerebrolytikum Achse des Guten („Israels kleine Helfer“) hat der von der NPD gefeierte Publizist Henryk M. Broder in einer Sache definitiv recht: Die Neue Rheinische Zeitung taugt nicht zum Einwickeln toter Fische. Da kann man ihm uneingeschränkt zustimmen. Die Achse des Guten eignet sich auch nicht zum Regenschutz. Continue reading →