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Die unbescholtene Gefahr

Was soll das schon wieder? Alle regen sich auf über den Schäuble. „Überwachungsstaat! Er will unbescholtene Bürger online überwachen!“ Sagen Sie mal, geht’s vielleicht eine Nummer kleiner? Den Schäuble sollte man ja auch mal ausreden lassen.

Natürlich will der Schäuble unbescholtene Bürger überwachen. Wen denn sonst?

Denken Sie mal nach: Wer ist jetzt die größte Gefahrquelle seit dem Reichtstagsbrand? Na logo, die Islamisten! Und was sind das denn für welche? Genau, das sind religiöse Fundamentalisten…also, der Ratzinger kommt nicht in die Anti-Terror-Datei, aber das ist auch ein anderes Thema.

Die Feinde, vor denen es uns zu schützen gilt, sind also religiöse Fanatiker, Gotteskrieger von der übelsten Sorte, die Sünde und Laster den Garaus machen wollen. Die haben sich doch die Unbescholtenheit groß auf die Fahne geschrieben. Und da entsinnt sich der Schäuble eines der heiligen Prinzipien seiner christlichen Partei: „Wer ohne Sünde ist, auf den werft den ersten Stein.“

Ist ja auch Logik.

Und wieviel man der CDU auch vorwerfen mag, inkonsequent ist sie nicht. Was im Kampf gegen den Terror gilt, gilt auch – oder erst recht – im Kampf gegen die Wirtschaftskrise. Unbescholtene Bürger sind dieser Schwarzgeldwaschküche zutiefst suspekt. Und so kommt es, daß Menschen wie der Ackermann und der Zumwinkel von dieser Regierung mehr Stütze kriegen als die Menschen, die wegen Menschen wie Ackermann und Zumwinkel arbeitslos sind!

Fundis und Realos

Wenn man mal den Spiegel liest – dieses Glanzbeispiel der deutschen Quantitätspresse – bemerkt man, daß immer wieder von "Fundies" und "Realos" in der Linkspartei die Rede ist. Das hat mich anfangs aber sehr gewundert. Fundis – Fundamentalisten! – in der Linkspartei? Wären die nicht bei der Christlich-Soziopathischen Union besser aufgehoben?

Aber es hat sich herausgestellt, daß auch die LINKE fundamentalistisch unterwandert ist. Freilich sind das Fundamentalisten einer ganz anderen Art. Die linken Fundamentalisten fordern Mindestlohn, Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan und stehen der Marktwirtschaft eher kritisch gegenüber. Manche befürworten sogar ein bedingungsloses Grundeinkommen – stellen Sie sich das mal vor! Wir sind doch in der Krise, und dabei wollen diese asozialen Fundis den verhungernden Investmentbankern die Solidarität versagen.

Das wirklich Schreckliche an diesen linken Fundamentalisten ist aber, daß sie das, was ihre Wähler verlangen, auch tatsächlich umsetzen wollen. Heutzutage grenzt das doch an unlauteren Wettbewerb!

Diesem Pack stehen die Realos gegenüber. Mit dem Gesindel, das sie wählt, haben diese Herrschaften nichts am Hut. Bei denen steht auf dem fahlrötlichen Kissen gestickt:

Solang dich die Idioten wählen,
darfst du jeden Scheiß erzählen.
Dann vergißt du’s schnell partout,
und legst dich hin mit der CDU!

Die Realos begreifen nämlich, was an so einem Wahlprogramm so schön ist – vier Jahre lang hat man nämlich die Wahl, ob mans auch umsetzen will!

Fundi ist übrigens eine Beleidigung eher neueren Datums. Früher hatte man für dieses Gesocks einen anderen Schimpfnamen: Demokraten.

Bei der Sozialpolitischen Drehspießpartei Deutschlands hat sich das Thema Fundi/Realo schon recht früh erledigt. So früh, daß das Ende der Debatte schon von Kaiser Wilhelm angekündigt wurde mit dem berühmten Satz: "Es gibt keine Parteien mehr, sondern nur noch opportunistische Lümmel."

Oder so ähnlich.

Und seitdem erfreut sich die SPD der aufgeklärten Führung von Männern wie Ebeck und Noskefering.

Vergangenheitsbewältigung à l’américaine

Mit dem Krieg gegen den Irak leisten die USA den größten Beitrag zur Völkerverständigung der Nachkriegszeit. In 30 bis 60 Jahren werden die Amerikaner den Deutschen ein noch nie dagewesenes Verständnis entgegenbringen.



Das Stichwort der Nachkriegszeit in der BRD ist Vergangenheitsbewältigung: Wie wird man mit dem vom eigenen Land angerichteten Greuel fertig? Wie wird man mit dem größten Schandfleck der deutschen Geschichte – dem Holocaust – fertig?




Unter Amerikanern gilt der US-Krieg in Vietnam als die größte Schande der US-Geschichte. Der Krieg hat sogar eine eigene Krankheit ins Leben gerufen: das sogenannte Vietnam-Syndrom. Der rechte US-Publizist Norman Podhoretz hat dieses als die „krankhafte Abneigung gegen militärische Gewalt“ definiert. 3 Millionen Menschen wurden damals vom US-Militär ermordet. Auch in den USA ist also Vergangenheitsbewältigung gefragt.




Die deutsche Vergangenheitsbewältigung stößt bei der US-Elite aber auf Schmunzeln. Kritische Auseinandersetzung mit dem Verhalten des eigenen Staats? Bekenntnis zur moralischen Verantwortung, dafür zu Sorgen, daß solch eine Schande nie wieder vorkommt? Wiedergutmachungs- und Schadensersatzleistungen?




Das ist doch alles etwas für Verlierer, für Länder, die nach einem mißglückten Angriffskrieg eine fremde Militärbesatzung dulden müsen! Da machen es die Amis lieber auf ihre eigene Art. Spricht überhaupt jemand im US-Mainstream von Wiedergutmachungsleistungen, von Schadensersatz für die Opfer ihres Krieges in Indochina?




Denkste! Es geht ja schließlich um das Land, in dem der erste Präsident Bush in einem anderen Zusammenhang gesagt hat: „Ich werde mich nie für die Vereinigten Staaten von Amerika entschuldigen, ganz egal, wie die Tatsachen aussehen.“ Nein, die US-Regierung hat sogar behauptet, es gäbe nichts wiedergutzumachen, denn „die Zerstörung erfolgte auf Grundlage der Gegenseitigkeit“. Damit nicht genug, manche US-Politiker haben verlauten lassen, daß man von Vietnam eine Schadensersatzleistung verlangen sollte!




Die Stimmung US-Bevölkerung macht aber irgendeine Art der Vergangenheitsbewältigung notwendig. Irgendwie muß man dem gemeinen Fußvolk helfen, mit diesem Schandfleck der US-amerikanischen Geschichte auf eine so gesunde Art und Weise umzugehen wie es den Bonzen gelingt. Aber kritische Diskussion, Wiedergutmachung?




Nein, der Krieg gegen den Irak ist die amerikanische Art der Vergangenheitsbewältigung. Die Bonzen in den USA haben gesehen, wie sich das Thema Holocaust selbst nach jahrzehntelanger Diskussion noch immer nicht so richtig erledigt hat. Und die haben erkannt, daß den Deutschen da ein gewaltiger Fehler unterlaufen ist: sie haben sich in der Nachkriegszeit nämlich keine auch nur annähernd vergleichbare Tat zuschulden kommen lassen, die den Holocaust verdrängen könnte.




Den Fehler haben sie kapiert: Da braucht man keinen Schadensersatz. Man braucht Schandenersatz! Und so geben sich die US-Bonzen geradezu epische Mühe, den Greuel des Irak-Kriegs so entsetzlich zu machen, daß sich keiner mehr an Vietnam erinnert.




Hätte sich die Merkel 2003 durchsetzen können, hätte auch Deutschland an dieser neuen Phase der Vergangenheitsbewältigung teilhaben können. Doof isse nich.


Schäuble: Der Weihnachts-Minister

Selbst den Schäuble muß man manchmal in Schutz nehmen. Letzten Endes geht es ihm doch darum, den Menschen das zu geben, was sie selber gerne hätten.

Seit Jahren sagen die Menschen im Osten, sie wünschen sich gewisse Aspekte des Lebens in der DDR zurück. Und der Schäuble hat sie gehört (und vielleicht sogar mitgeschnitten!). Aber schließlich gilt es, die Folgen für die Privatsphäre des einzelnen auf ein Mindestmaß zu reduzieren. Daher hat er eben nicht den ganzen Satz gehört, und so kommt es, daß wir statt Kitas für alle und stabiler Mieten Online-Durchsuchung und Zwei-Personen-Gleich-Versammlung beschert bekommen.

Schäuble wird ja vielfach angegriffen, weil er Bush samt verdachtsunabhängiger Schutzhaft und „verschärfter Vernehmung“ in Schutz nimmt. Na, erlauben Sie mal! Man muß sich doch mal in Schäubles Lage versetzen. Er selbst hat die DDR nicht miterleben dürfen, will aber für ein möglichst authentisches DDR-Feeling sorgen. Und da hat er sich eben mal Das Leben der anderen zur Vorlage genommen.

Immer mehr Wähler gehen zu dieser bösen, bösen „SED-Nachfolgeorganisation“ Linkspartei über. Der Schäuble ist aber der einzige, der es so richtig kapiert hat. Da denkt er sich bestimmt: „Linkspartei? Pfui! Ich zeig denen mal wie ne richtige SED-Nachfolgeorganisation aussieht!“

Der Schäuble will uns doch nur eine Freude machen.

Für eine realitätsnahe Integrationspolitik

Vor einiger Zeit
hat sich ein Oberverwaltungsgericht mit der Frage auseinandergesetzt, wie sich
eine Verurteilung nach § 265a StGB (Schwarzfahren) auf die Integrationsprognose
eines Ausländers auswirkt.

Das eigentliche
Ergebnis mag dahingestellt bleiben. Die offensichtlichste Auffassung hat das
Gericht nicht einmal in Erwägung gezogen. Es gibt nämlich kein eindeutigeres
Indiz für eine geglückte Integration eines Ausländers in die bundesdeutschen Lebensverhältnisse  als das Schwarzfahren. Eigentlich hätten sie
den Mann auf der Stelle einbürgern müssen!

Überhaupt wird
das Ziel Ausländerintegration mit völlig falschen Ansätzen verfolgt. Man
sehe sich einmal die Integrationsverordnung 
an. Die Integrationskriterien haben mit dem Leben in Deutschland rein
gar nichts zu tun.

Was muß ein
Ausländer nachweisen können, um der Bundesregierung zufolge als „integriert“ zu
gelten?

         
Er muß über „ausreichende“ Deutschkenntnisse verfügen
(der Voraussetzung können selbst die meisten Bayer, Sachsen und Schwaben wohl
kaum genügen);

         
Er darf sich keine vorsätzlichen Straftaten zuschulden
kommen lassen  (und schon müssen viele
CDU-Bonzen einpacken);

         
Er muß seinen Lebensunterhalt durch eigene Arbeit
bestreiten (da bangt wiederum der Arbeitgeberverband);

         
Last but not least, er muß sich zu den Grundwerten der
freiheitlich-demokratischen Grundordnung bekennen (darf man wirklich mehr von
einem Ausländer verlangen als von einem deutschen Innenminister?)

Nein, mit der
deutschen Gesellschaft hat das nun wirklich nichts zu tun. Man muß aber schon
anerkennen, daß sich die Integrationsverordner reichlich Mühe gegeben haben,
und daher sollte man auch konstruktive Verbesserungsvorschläge machen, wenn man
schon Kritik übt.

Daher gebe ich
hiermit meinen

Integrationspolitischen Gegenentwurf

bekannt.

 

Gewichtung integrationsrelevanter Sachverhalte

1. Wenn man schon einmal schwarzgefahren ist (+1
Punkt)
;

a.      
wenn man nachweislich noch nie einen Fahrausweis
für den öffentlichen Nahverkehr gekauft hat (+1 Punkt).

Ist 1. oder 1a. zu
BEJAHEN:

2.      
Wenn man schon einmal beim Schwarzfahren erwischt
wurde und

a.      
man das erhöhte Fahrentgelt ordnungsgemäß
entrichtet hat (- 1 Punkt);

b.     
man das erhöhte Fahrentgelt nicht entrichtet,
sondern einfach die Geringfügigkeitseinstellung der zuständigen Staatsanwaltschaft
abgewartet hat (+ 1 Punkt);

c.      
man dabei so richtig angepißt getan hat (+2
Punkte);

3.      
Wenn man nachweislich noch nie anfallende
GEZ-Gebühren entrichtet hat (+1 Punkt).

4.      
Wenn man eine Privatbeleidigungsklage

a.      
angedroht (+1 Punkt);

b.     
veranlaßt (+1 Punkt); oder

c.      
anhängig gemacht hat (+2 Punkte).

5.      
Wenn man eine Nachbarstreitigkeit

a.      
bis zum BGH verfolgt hat (+1 Punkt); und

b.     
die daraufhin ergangene Entscheidung im Archiv
für civilistische Praxis
abgedruckt wurde (+2 Punkte);

c.      
der Streitwert EUR 1000,- nicht überstieg (+1
Punkt)
; und/oder

d.     
man an dem ganzen selber schuld gewesen ist (+3
Punkte);
und/oder

e.     
Wenn man, ohne Jurist zu sein, extra zu diesem
Zweck das AcP abonniert hat (+ 3 Punkte).

6.      
Wenn man Steuern

a.      
stets rechtzeitig, ordnungsgemäß und in voller
Höhe gezahlt hat (-2 Punkte);

b.     
schon einmal hinterzogen (+ 1 Punkt) und

c.      
dabei besondere Kreativität an den Tag gelegt hat (+
1 Punkt)
und/oder

d.     
man dabei schon einmal gefragt hat: „Wozu wir
überhaupt noch Steuern zahlen?“

7.      
Sprachliche Integration

a.      
Wenn man einwandfreies Hochdeutsch spricht (-1
Punkt)
;

b.     
Wenn man „als“ und „wie“ stets richtig verwendet (-1
Punkt);

c.      
Wenn man Atlas, Material und Grad richtig
pluralisiert (-2 Punkte);

d.     
Wenn man Dativ und Genitiv bzw. Dativ und
Akkusativ häufig durcheinanderbringt (+ 1 Punkt);

e.     
Wenn man den Genitiv gar nicht verwendet (+2
Punkte)
;

Wertung

Wer nach
Summierung aller Punkte eine positive Punktezahl vorzuweisen hat, gilt
als integriert.

Wenn die
Punktezahl 5 übersteigt, kann dem Bewerber eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis
erteilt werden.

Wenn die
Punktezahl 10 übersteigt, ist dem Bewerber eine Niederlassungserlaubnis
zu erteilen.

Wenn die
Punktezahl  15 übersteigt, ist der
Bewerber sofort einzubürgern.

Ist die
Punktezahl jedoch negativ, so ist der Betreffende selbst dann auszuweisen,
wenn er deutscher Staatsangehöriger ist.

 

 

Gedankenfetzchen

Mit der Wahl Ratzingers zum Vatikan wurde die philosophische Verstopfung der Kirche aufgelöst. Es darf also nicht wundern, daß soviel Heiliger Stuhlgang dabei herauskommt.



Im Spiegel erschien kürzlich die Meldung, daß manche Dönerstuben ihr Patentgericht nur noch als „Drehspieß“ bezeichnen dürfen. Grund dafür ist die Feststellung,  daß ihre Döner den Herstellungs- und Beschaffenheitsvorgaben für die Bezeichnung „Döner“ nicht genügen.

Lassen wir einmal beiseite, daß „Drehspieß“ Deutsch für „Döner“ ist – wieso darf sich vor diesem rechtlichen Hintergrund die SPD noch „sozialdemokratisch“ nennen? An dem Sozialdemokratischen wird von der Beck-Müntefering-Bande genauso rumgekuttert wie in diesen Drehspießstuben am Gehackten. Wann ist eigentlich mit der Unterlassungsklage der Wettbewerbsbehörde wegen irreführender Selbstbezeichnung zu rechnen?

Schon im Vorfeld möchte ich einen Vergleichsvorschlag unterbreiten: Das Kürzel „SPD“ dürften sie beibehalten, aber künftig müßte es für „Sozialpolitischen Drehspieß“ stehen.

 


Seit 1945 haben wir Juden es in Deutschland ziemlich weit gebracht. Wir sind so ziemlich überall vertreten – wir dürfen ja sogar bei der öffentlich-rechtlichen Schwarzgeldmühle der BRD, der Christlich-Demagogischen Union mitmachen.  Inzwischen wandern mehr jüdische Israelis nach Deutschland ein als jüdische Deutsche nach Israel. Aber es gibt immer noch einen Bereich des deutschen Lebens, von dem wir ausgeschlossen sind. Und deshalb sollten wir dankbar sein, daß es Männer wie Henryk Broder gibt, die mit heldenhafter Entschlossenheit das Recht für uns alle einfordern, endlich einmal gleichberechtigt am deutschen Rechtsextremismus teilzuhaben.

 


Die Bildungsreform hat mit der Einführung des Bätschla auf Hochschulebene einen wichtigen Schritt getan. Vollendet wird sie aber erst dann sein, wenn deutsche Abiturienten nicht mehr wissen, ob es das oder die Abitur heißt

Zensur: Dafür oder Antisemit?

Neulich erschien
in der Online-Frauenzeitschrift Aviva-Berlin ein Artikel (Sharon Adler,
„Antisemitische Realitäten im Deutschland von heute“), in dem es um die
Äußerungen des Sportwissenschaftlers Arnd Krüger zum Terroranschlag 1972 auf
die israelische Olympiamannschaft und die damit nicht zusammenhängenden
Äußerungen des Verfassungsrichters a.D. Wolfgang Hoffmann-Riem zum Thema
Holocaust-Leugnung ging.

Krüger hatte auf
einer Fachtagung einen Vortrag gehalten, in dem er u.a. behauptete, die Opfer
des Olympia-Attentats seien „freiwillig gestorben, um die Schuld Deutschlands
gegenüber dem Staat Israel zu verlängern.“

Hoffmann-Riem
hatte gemeint: „Ich würde als Gesetzgeber die Holocaust-Leugnung nicht unter
Strafe stellen“.

Adler bemängelt,
daß man Krüger unter Hinweis auf die akademische Freiheit nicht disziplinarisch
zur Verantwortung gezogen hat. Zum Olympia-Attentat 1972 kursieren sicherlich
genug Verschwörungstheorien. Man denke z.B. an die u.a. von Alan Dershowitz
behauptete Mittäterschaft Helmut Schmidts. Wie bei jeder Behauptung gibt es
hier zwei Möglichkeiten: richtig oder falsch. Ist die Behauptung nachweislich
richtig, kann man deren Urheber kaum ohne weiteres kritisieren. Ist sie redlich
geäußert worden, aber irrtümlich, ist sie unter Hinweis auf die wirkliche
Sachlage zu verwerfen. Handelt es sich bei der Behauptung – wie z.B. bei der
Schoa-Leugnung eines Ernst Zündels oder der von Joan Peters herbeigelogenen
Nichtexistenz der Palästinenser – nicht nur um eine unrichtige Behauptung,
sondern um vorsätzliche Geschichtsfälschung, so ist die Äußerung verwerflich;
dann gehört der Urheber samt seinen Behauptungen verworfen und vergessen. Mit
solchen Behauptungen brauchen sich vernünftige Menschen gar nicht erst zu
beschäftigen, es sei denn, sie sind (wie z.B. im Falle Peters) geeignet, den
politischen Umgang mit einer aktuellen Frage zu beeinflussen.

Als
„antisemitischer Ausfall“ bezeichnet Adler die Äußerung Hoffmann-Riems, er
würde als Gesetzgeber die Schoa-Leugnung nicht unter Strafe stellen, sowie
seine „ablehnende“ Haltung zum strafbewehrten Verbot der Verwendung von
Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen. Warum seine Äußerungen als
antisemitisch zu werten seien, offenbart Adler dem Leser nicht, und das ist
wirklich schade, denn, anders als Krügers Behauptung, erscheint das Etikett
„antisemitisch“ in diesem Fall ziemlich weit hergeholt. Allem Anschein nach
glaubt Adler, man könne nur dann sagen, eine Äußerung solle nicht mit einer
Strafe belegt werden, wenn man die Äußerung selbst inhaltlich befürworte. Das
ist selbstverständlich falsch. Zwar ist es kaum denkbar, daß jemand eine
Äußerung, mit der er einverstanden ist, bestraft wissen will. Der Umkehrschluß
– daß man alle Äußerungen, mit denen man selbst nicht einverstanden ist, unter
Strafe stellen wolle – ist jedoch einfach unvertretbar.

Zensur ist
Zensur, und zwar selbst dann, wenn nur Äußerungen, die man selber verachtet,
davon betroffen sind. Im Endeffekt also behauptet Adler, es gebe nur zwei
mögliche Einstellungen zur Zensurfrage: die befürwortende und die
antisemitische. Das ist eine Ungehörigkeit. Es gibt unter Juden keine „einzig
wahre Lehre“ zum Thema Zensur (ebensowenig wie wir in andern Sachen einer
Meinung sind). Die einen befürworten sie, die andern lehnen sie ab. War etwa
Kurt Tucholsky Antisemit, als er 1932 in einem Aufsatz gegen die Film- und
Rundfunkzensur meinte, man solle auch Hitler im Rundfunk zu Wort kommen lassen,
solange sich auch Thälmann melden dürfe („paritätisch gehts schon“)? Man
braucht selbstverständlich kein Antisemit zu sein, um die Zensur (selbst
antisemitischer Äußerungen) taktisch wie auch moralisch abzulehnen.

Moralisch gesehen
ist die Zensur Ausdruck eines alleinigen Wahrheitsanspruchs des Staates. Der
zensierende Staat darf über Wahrheit und Lüge frei verfügen. Was ihm irgendwie
nicht in den Kram paßt, zensiert er. Was ihm gefällt, darf jeder sagen. Die
Zensur mag auch mit den humanistischsten Begründungen versehen sein; im
Endeffekt geht es aber stehts um die Macht. Deshalb kann man entweder die
Zensur oder die Freiheit der Rede befürworten, nicht aber beide gleichzeitig.

Die Zensur ist
nicht nur demokratieverachtend, sondern auch noch kontraproduktiv. Nur der
Zensor selbst glaubt, mit der Zensur die Verwerflichkeit einer Äußerung
„bewiesen“ zu haben. In Wirklichkeit aber hat er deren Urheber die höchste
staatliche Auszeichnung verliehen. Indem man die Äußerungen eines Ernst Zündels
zensiert, stellt man ihn auf eine Stufe mit Carl v. Ossietzky und Kurt
Tucholsky. Noch schlimmer ist es, wenn man Lügenpropaganda zensiert, denn so
verwandeln sich geschriene Lügen in geflüsterte Wahrheiten und Lügner in
verfolgte Dissidenten. Aus Behauptungen, die keiner wirklichen inhaltlichen
Auseinandersetzung standhalten würden, werden so Glaubenssätze. „Wenn es
wirklich Schwachsinn ist, warum hat die Obrigkeit solche Angst davor?“

Die NSDAP und
deren Ersatzorganisationen, Schoa-Leugnung, Hakenkreuze, SS-Runen und
Volksverhetzung sind nach geltendem Recht strafbar. Wir können also bestimmt
ruhig davon ausgehen, daß diese Erscheinungen aus der Welt geschafft worden
sind, oder? Wer dem Glauben schenkt, sollte sich bei Gelegenheit ein bißchen
umsehen. Denn eins steht ein für allemal fest: Der Versuch, den Faschismus mit
repressiven Mitteln zu bekämpfen, ist gescheitert. Die Bundesregierung kriegt
es nicht mal hin, die offen neonazistische NPD zu verbieten, denn sie hat den
Überblick über ihre V-Leute verloren. „Ausländisch“ aussehende Menschen sind
nach wie vor rechtsextremer Gewalt ausgesetzt. Man hetzt offen gegen Muslime
(die einzige Art Rassismus, die heute noch salonfähig ist). Mit dem heutigen
strafrechtlichen Instrumentarium bekämpft man nur die Faschisten, die dumm
genug sind, um sich ertappen zu lassen.

Stünden wir dem
braunen Gesocks hilflos gegenüber, wenn wir die politisch-ideologische Zensur
abschaffen würden? Selbstverständlich nicht. Werden sie gewalttätig, so stehen
uns u.a. die Straftatbestände des Mordes (der um die Worte „aus Rassenhaß“
bereichert werden sollte), des Totschlags, der Körperverletzung, der Bildung
krimineller bzw. terroristischer Vereinigungen, der Vergewaltigung und der
Brandstiftung zur Verfügung. Wenn sie ihre Propaganda verbreiten, sollen sie es
gefälligst öffentlich tun. Wo das Licht der Öffentlichkeit nicht hineingelangt,
gedeiht die Lüge. Wenn wir Faschisten und Rassisten aller Couleurs politisch
unschädlich machen wollen, sollten wir ihnen folglich die Freiheit gewähren,
sich öffentlich so zu blamieren wie sie es heute heimlich tun.

Eine Demokratie,
die ihre politischen Gegner verbietet, ist keine „wehrhafte“, sondern eine
faule Demokratie, denn sie sucht polizeiliche Lösungen für politische Probleme.
Wir wissen schon längst, unter welchen Bedingungen faschistisches und
rassistisches Gedankengut gedeiht: Verzweiflung, Armut, soziale Unsicherheit,
Arbeits- und Chancenlosigkeit. Es ist daher Aufgabe aller wahrhaft
demokratischen Kräfte der Gesellschaft, diese Erscheinungen mit allen Mitteln
zu bekämpfen.

Eine Demokratie,
die dem Faschismus keine bessere Alternative gegenüberzustellen vermag, ist gar
keine.

Ein bescheidener Vorschlag

Es wird in
medialen wie politischen Kreisen seit geraumer Zeit viel über die „Übernahme
größerer Verantwortung“ in der internationalen Gemeinschaft gesprochen. Der
Klarheit sowie der Vereinheitlichung der Rechtssprache halber sollte der
Bundestag folgende redaktionelle Anpassungen geltender Rechtsvorschriften in Erwägung ziehen:

Art. 26 I
Grundgesetz:

(1) Handlungen,
die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche
Zusammenleben der Völker zu stören, insbesondere die Übernahme internationaler
Verantwortung
vorzubereiten, sind verfassungswidrig. Sie sind unter
Strafe zu stellen.

§ 80
Strafgesetzbuch

Vorbereitung einer internationalen
Verantwortungsübernahme

Wer eine internationale
Verantwortungsübernahme
(Art. 26 Abs. 1 des Grundgesetzes), an dem die
Bundesrepublik Deutschland beteiligt sein soll, vorbereitet und dadurch die
Gefahr eines Krieges für die Bundesrepublik Deutschland herbeiführt, wird mit
lebenslanger Freiheitsstrafe oder mit Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren
bestraft.

§ 80a StGB

Aufstacheln zur internationalen
Verantwortungsübernahme

Wer im räumlichen
Geltungsbereich dieses Gesetzes öffentlich, in einer Versammlung oder durch
Verbreiten von Schriften (§ 11 Abs. 3) zur internationalen
Verantwortungsübernahme
(§ 80) aufstachelt, wird mit Freiheitsstrafe
von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.